Hamburg. Abstimmungsrunde soll das Ende des Bündnisses beschlossen haben. Andere ziehen Rechtmäßigkeit der Entscheidung in Zweifel.

Auch nach der Wahl eines neuen Präsidiums zur Handelskammer geht ein tiefer Riss durch das Führungsgremium und die Gruppe der Kammerrebellen. Inzwischen werden sogar öffentliche Bekanntmachungen der Wahlgruppe „Die Kammer sind Wir!“ aus den eigenen Reihen dementiert.

Noch am frühen Morgen verkündete das Bündnis, es habe sich aufgelöst. In einer knappen Mitteilung mit offiziellem W-Logo auf Facebook wandten sich die „Kammerrebellen“ an ihre „lieben Unterstützerinnen, Unterstützer und Interessierte.

„Es hat im Bündnis „Die Kammer sind WIR!“ zunehmend unterschiedliche Auffassungen über diverse Themen gegeben.

Der gemeinsame Nenner ist kleiner geworden. Wir haben uns daher dazu entschlossen, das Bündnis mit dem heutigen Tage aufzulösen“, hieß es darin.

Kammer-Präses Mücke bestätigt Auflösung

Auf Nachfrage bestätigte der amtierende Kammer-Präses André Mücke dem Abendblatt: „Das ist richtig. Das Bündnis hat sich aufgelöst.“ Doch schon wenige Stunden später schrieb Vize-Präses Kai Elmendorf: „Das Bündnis besteht entgegen der Aussage von Herrn Mücke weiter und wird sich weiterhin mit Sacharbeit in die Kammer einbringen.“

Was war passiert? Tatsache ist dass sich Bündnis, das nach den Kammerwahlen 2017 mit überwältigender Mehrheit ins Plenum eingezogen war, am Donnerstagabend getroffen und über eine Auflösung diskutiert hat.

Es kam auch zu einer Abstimmung, über deren Ausgang gibt es jedoch unterschiedliche Ansichten. So hieß es auf der inzwischen gelöschten Facebook-Seite noch: „Diese Entscheidung wurde nach lebhafter Diskussion mit 22 zu 14 Stimmen bei zwei Enthaltungen getroffen.“

Elmendorf: Keine Mehrheit für Auflösung

Doch Elmendorf zeichnet ein anderes Bild vom Ablauf: Demnach fand der Antrag zur Auflösung der W-Gruppe in der Sitzung keine Mehrheit der Anwesenden. Stattdessen hätten André Mücke und weitere Teilnehmer einige „Vollmachten“ von nicht anwesenden Bündnis-Mitgliedern dabei gehabt, die auch für die Auflösung gestimmt haben sollen. Nur so sei die Mehrheit zustande gekommen.

„Man muss dazu sagen, dass es bisher im Bündnis keine einzige Situation gegeben hat, in der mit Vollmachten gearbeitet wurde. Auch wurde in der Einladung zu dem Bündnistreffen nicht auf die Möglichkeit zur Ausstellung von Vollmachten hingewiesen.

Wir hatten also eine Situation, in der vorsätzlich versucht wurde, sich eine scheinbare Mehrheit zu verschaffen indem man andere über sein Vorgehen im Dunkeln lässt“, lautet Elmendorfs Sichtweise zur Abstimmung. Vollmachten seien zudem nur gültig, wenn dieses in einer Satzung festgeschrieben wird. „Das haben wir gar nicht.“

Undemokratisches Verhalten vorgeworfen

Besonders pikant ist an diesem Vorgang, dass Mücke und Elmendorf beide Mitglieder des Präsidiums sind und dort eigentlich vertrauensvoll zusammenarbeiten sollen. Doch nun wirft einer dem anderen undemokratisches Verhalten vor.

Es stehe Herrn Mücke natürlich völlig frei, Mitglied des Bündnisses zu sein oder nicht, so Elmendorf. Er könne sich jedoch nicht herausnehmen für andere diese Entscheidung zu treffen, in dem er behaupte, das Bündnis löse sich auf. „Ein solch undemokratisches Verhalten ist für mich völlig unverständlich und inakzeptabel. Und ich halte es auch für sehr schwierig, dieses in den moralischen Kompass der Handelskammer einzuordnen.“

Mücke: Darstellung ist abenteuerlich

Mücke bezeichnete die Darstellung Elmendorfs als „abenteuerlich“. Eine Abstimmung durchzuführen sei nicht undemokratisch. Zumal es auch Vollmachten von Befürwortern für den Erhalt des Bündnisses gegeben habe. „Wir Bündnissprecher hatten extra darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit, sich mit Vollmachten vertreten zu lassen, ausdrücklich in der Einladung stehen sollte. Der Bündnissekretär hat dies jedoch unterlassen“, so Mückes Argumentation.

Es sei jedem Mitglied dennoch klar gewesen, um welch wichtiges Thema es bei der Abstimmung gehen werde. Das zeige auch die Abgabe der Vollmachten für beide Seiten der Entscheidung. „Allein die Tatsache, dass es zu einer Auflösung unterschiedliche Ansichten geben kann, spricht doch für die Notwendigkeit der Auflösung“, so Mücke. „Das Bündnis gibt es nicht mehr.“

Spaltung der Kammerrebellen

Auch in diesem Vorgang wird wieder der Zerfall der Kammerrebellen in zwei Lager deutlich, die sich um zwei Gegenspieler scharen, die beiden ehemaligen Präses-Kandidaten Johann Killinger und Torsten Teichert. Mücke gehört den Teichert-Anhängern an.

Ausgebrochen war der Streit aufgrund des Rücktritts von Kammer-Präses Tobias Bergmann im vergangenen Dezember. Er wollte sich zu den aktuellen Vorgängen nicht äußern, sagte aber: „Ich habe versucht integrierend die unterschiedlichen Lager im Bündnis zusammenzuhalten. Die Differenzen sind mit meinem Rücktritt ausgebrochen. Ich sehe derzeit keine Anzeichen dafür, dass sie die Lage befrieden lässt.“

Niels, Pirck, Haspa-Geschäftsführer und einer der wenigen unabhängigen Mitglieder des Plenums sagte: „Die vermeintliche Auflösung ist der nächste Akt in der langen Reihe des Scheiterns der Wir-Gruppe. Es ist nicht zu übersehen, dass Neuwahlen immer dringlicher werden.”

Der Sekretär der W-Gruppe, Paul Holstein spielt den Vorgang herunter: „Wir werten das Verhalten von Herrn Mücke und seiner Gruppe als einen Austritt. Das Bündnis besteht aber selbstverständlich weiter.“

Aus der Handelskammer hieß es, eine Auflösung des Bündnisses werde die Arbeit nicht behindern. Wir müssen jetzt zur Sacharbeit in der Handelskammer zurückkehren“, fordert Mücke.