Hamburg. Gründer soll 75,1 Prozent der angeschlagenen Unternehmensgruppe verlieren. 2000 Beschäftigte betroffen.

Die Schifffahrtskrise hat ein weiteres prominentes Opfer gefunden: Um die Insolvenz und damit den endgültigen Schiffbruch seiner Firmengruppe zu vermeiden, muss sich der bekannte Hamburger Reeder Ber­t­ram Rickmers von wesentlichen Anteilen trennen. Zudem muss der Spross der berühmten norddeutschen Werften- und Schifffahrtsfamilie, der auch die Rickmer Rickmers gehörte, mehr als 30 Millionen Euro aus seinem privaten Vermögen in die Sanierung stecken. Damit sollen „wesentliche Finanzverbindlichkeiten“ der Rickmers Gruppe umstrukturiert werden.

Schwache Charterraten, weniger Aufträge und rapide sinkende Schiffswerte haben der Reederei in den vergangenen Jahren zu schaffen gemacht. 2015 betrug der Verlust mehr als 130 Millionen Euro. Allein in den ersten neun Monaten 2016 waren es schon 200 Millionen Euro.

Kommentar: Rickmers hat unfassbar viel Geld verbrannt

Dann konnte sie Zinsen für eine Singapur-Anleihe (Rickmers Maratime Trust) nicht mehr bedienen. Zuletzt musste Rickmers in einem Notverkauf die Rickmers Linie an die Bremer Zeaborn-Gruppe abgeben – wobei er noch draufzahlte. Jetzt ist die ganze Holding in Gefahr. „Eine Krise wie diese gab es in der Schifffahrt zuletzt nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71“, hatte Rickmers Anfang des Jahres gesagt.

Um zu retten, was zu retten ist, wird Rickmers, der die Gruppe 1982 neu gründete, nun Minderheitsgesellschafter im eigenen Haus. Dazu gibt er 75,1 Prozent seines Anteils an der Holding an seine Gläubiger ab; im Wesentlichen handelt es sich dabei um die HSH Nordbank. Zudem hat sich Rickmers verpflichtet, eine Bareinlage in Höhe von zehn Millionen Euro zu leisten.

Auch die Gläubiger müssen bluten

Er wird ausstehende Werftrechnungen in Höhe von umgerechnet 9,3 Millionen Euro begleichen und ein Darlehen in Höhe von weiteren zehn Millionen Euro „für etwaigen künftigen Liquiditätsbedarf“ der Rickmers Holding bereitstellen. Schließlich muss der Kunstliebhaber und Hobby-Curler bis zum Jahr 2021 auf Markenlizenzgebühren verzichten. Dem Vernehmen nach bekam Rickmers für die Überlassung der Namensrechte von seinem eigenen Unternehmen bisher 0,6 Prozent des Umsatzes. 2015 dürften das mithin mehr als drei Millionen Euro gewesen sein. Immerhin hat der Jurist und Diplom-Volkswirt bereits im vergangenen Jahr 13 Millionen Euro aus seinem Privatvermögen in die angeschlagene Firma gesteckt.

Nicht nur Rickmers selbst, sondern auch die Gläubiger müssen bluten. Dazu gehören Banken und Anleger einer 2018 fälligen Unternehmensanleihe, die mit 8,875 Prozent verzinst ist und 2018 fällig wird. Um mehr Geld herauszuholen als bei einer Insolvenz der Holding, sollen sie jetzt einem komplizierten Finanzkonstrukt zustimmen. Dazu wird eine Luxemburger Auffanggesellschaft mit dem Arbeitsnamen „Luxco“ entstehen.

Zinsen in Höhe von 24 Millionen Euro

Diese soll über eine Kapitalerhöhung die 75,1 Prozent an der Holding erwerben, die Bertram Rickmers abgibt. Damit übernimmt sie aber auch die Anleiheverbindlichkeiten – mit einer Ausnahme: Im Juni werden Zinsen in Höhe von 24 Millionen Euro fällig. Diese sollen noch von der Rickmers Holding gezahlt werden unter der Bedingung, dass bis dahin die Luxco-Gesellschaft steht.

Um wenigstens einen Teil der Gläubigerforderungen zu bedienen, sollen die 75,1 Prozent an der Rickmers Holding von der Luxco weiterverkauft werden. Der Erlös soll dann nach einem „definierten Verteilungsschlüssel an die HSH Nordbank, die Anleihegläubiger und gegebenenfalls eine weitere Bank“ gehen, heißt es in einer Mitteilung der Rickmers Gruppe.

Sanierungsplan könnte noch scheitern

Darin steht auch, was passiert, wenn die Gläubiger dem Sanierungsplan nicht zustimmen: Dann würde die Sanierung voraussichtlich scheitern „und die positive Fortführungsprognose der Rickmers Holding entfallen“. „Wir zahlen jetzt alle für unsere Fehler in der Vergangenheit – Reeder, Anleger und Banken“, meinte Bertram Rickmers Anfang des Jahres zur Lage der Branche. Wie schnell das für sein eigenes Klientel gilt, war zu dem Zeitpunkt nicht klar. Firmengründer Rickmers und der derzeitige Vorstandschef Ignace Van Meenen wollten sich zu der Mitteilung nicht äußern. „Wir werden aber in Kürze mit weiteren Informationen an die Öffentlichkeit treten“, sagte eine Rickmers-Sprecherin.

Auch bei den Eigentümern der HSH Nordbank, die wohl die Hauptlast tragen wird, den Ländern Schleswig-Holstein und Hamburg wird noch beraten. Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Kieler Landtag, Wolfgang Kubicki, reagierte prompt: „Wir fordern die Landesregierung auf, nicht zuzulassen, dass ein möglicher Verzicht der HSH Nordbank auf Rückzahlung von Krediten durch die Rickmers Gruppe zulasten des Landes Schleswig-Holstein bzw. der Steuerzahler geht“.