Hamburg. Die Abendblatt-Rangliste der Firmen, die Anlegern die höchsten Gewinne beschert haben. Hamburger Aktien besser als der DAX.

Ob Windturbinen, Brillen oder Gabelstapler: Mit Hamburger Erfolgsprodukten können Anleger auch viel Geld verdienen. Denn in Hamburg und seinem Umland sitzen überaus erfolgreiche börsennotierte Aktiengesellschaften. Wer bei Börse nur an die 30 großen Unternehmen aus dem Deutschen Aktienindex (DAX) denkt – aus Hamburg wird nur Beiersdorf im Leitindex gelistet –, wird überrascht sein. Die 24 im norddeutschen Börsenindex HASPAX vereinten Firmen haben sich sowohl auf Fünf- wie auch auf Dreijahressicht wesentlich besser als der DAX geschlagen.

Jedes dritte Unternehmen aus dem HASPAX hat sich deutlich besser als der Index entwickelt. Freenet, Xing, Basler, Capital Stage, Jungheinrich, Nordex, Fielmann und Evotec sind die erfolgreichsten Hamburger Aktien.

Das ermittelte das Abendblatt zusammen mit der Haspa und der Internetplattform www.dividendenadel.de. In die engere Wahl kamen bei der Untersuchung nur jene Firmen, die sich besser als der HASPAX entwickelt haben. Zusätzlich floss die Dividendenpolitik des Unternehmens in die Wertung ein (siehe Infokasten). Im Durchschnitt erzielten die Aktien im HASPAX­ in den vergangenen fünf Jahren (vom 1. August 2011 bis 31. Juni 2016) eine Rendite von 77 Prozent. Der DAX kam im gleichen Zeitraum dagegen nur auf 47 Prozent.

Die Anleger haben in kleinere Aktien investiert

„Im DAX sind Banken und Energieversorger enthalten, die wegen ihrer strukturellen Probleme gar nicht gut gelaufen sind“, sagt Christian Hamann von der Haspa. Statt dessen hätten die Anleger lieber in kleinere Aktien investiert. „Davon hat auch der HASPAX überdurchschnittlich profitiert.“ Doch an der Börse werden Erwartungen gehandelt. Das Abendblatt erklärt, welche der Gewinner-Aktien auch künftig noch Potenzial haben.

In die Auswahl der besten Aktien kamen nur Titel, die sich über fünf und drei Jahre überdurchschnittlich entwickelt haben. Rein von der Wertentwicklung hat dabei der Windanlagenbauer Nordex mit einem Plus von gut 400 Prozent alle anderen Aktien überragt. „Doch das Unternehmen hat seit 2012 noch nie eine Dividende gezahlt“, sagt Christian Röhl, Geschäftsführer der Internetplattform Dividendenadel. Das brachte – wie auch beim Biotechnologie-Unternehmen Evotec – Abzüge in der Gesamtwertung.

Freenet ist die erfolgreichste Aktie

Die insgesamt erfolgreichste Aktie ist der Mobilfunkdienstleister Freenet. „Seit sieben Jahren wurde die Dividende Jahr für Jahr erhöht“, sagt Röhl. Das brachte die höchstmögliche Punktzahl bei der Dividendenbewertung. Freenet war vor allem wegen der hohen Ausschüttung bei Anlegern beliebt. Mit dem Zukauf des TV-Dienstleisters Media Broadcast will das Unternehmen neue Geschäftsfelder vorantreiben.

Xing performte gut: Facebook für den Job

Zweitbeste Aktie wurde das Karrierenetzwerk Xing, eine Art Facebook für den Beruf. Es hat rund elf Millionen Nutzer im deutschsprachigen Raum, wovon etwa jeder Zwölfte für die Mitgliedschaft Geld zahlt. Erst ein Drittel der deutschen Studenten hat sich auf der Plattform angemeldet. Deshalb sieht Xing-Chef Thomas Vollmoeller große Wachstumspotenziale. Die Aktie ist mit mehr als 220 Prozent Kurssteigerung in fünf Jahren aber schon sehr gut gelaufen. Xing könnte jedoch in den Übernahmefokus rücken, nachdem Microsoft mit der Übernahme des US-Vorbilds LinkedIn für Aufsehen gesorgt hat. Mit einer Bewertung von einer Milliarde Euro zählt die deutsche Plattform zu den Größten weltweit.

Capital Stage plant die Übernahme des Wettbewerbers Chorus Clean. Damit würde einer der größten Solarpark- und Windkraftanlagenbetreiber in Europa entstehen. Mittelfristig wäre ein Aufstieg in den MDAX, das zweitgrößte Börsenbarometer nach dem DAX, möglich. Die DZ-Bank rät zum Kauf der Aktie, Anleger sollten aber erst noch die Halbjahreszahlen Ende August abwarten. Die Evotec-Aktie verbucht allein seit Februar 2016 ein Kursplus von 44 Prozent. Denn in diesem Jahr soll der Gewinn mehr als doppelt so hoch ausfallen wie im Vorjahr. Im ersten Halbjahr stieg der Umsatz um 37 Prozent auf 75,7 Millionen Euro.

Das Unternehmen profitiere von einer wachsenden Zahl von Kunden und Projekten, sagt Volker Braun vom Bankhaus Lampe. Die vor einigen Jahren implementierte wissenschaftliche Strategie trage Früchte. Die Lampe Bank und die Investmentbank Oddo Seydler raten zum Kauf der Aktie und halten ein weiteres Kursplus von 20 Prozent für möglich. Doch ist eine Biotechnologieaktie ein sehr spekulativer Wert.

Fielmann und Jungheinrich sind weniger risikoreich

Unter den besten Hamburger Aktien sind auch Unternehmen aus weniger risikoreichen Branchen. Dazu gehören Jungheinrich und Fielmann. Maschinenbauer Jungheinrich blickt nach kräftigen Zuwächsen im zweiten Quartal optimistischer auf das Gesamtjahr. Konzernchef Hans-Georg Frey erhöhte die Umsatz- und Gewinnprognose. Während Deutsche Bank und Berenberg dennoch ihr Analystenurteil von „kaufen“ auf „halten“ gesenkt haben, ist Oliver Drebing von SRH Alster Research von der Aktie weiter überzeugt und rät zum Kauf. Sein Kursziel liegt bei 32,50 Euro. Hohe Bestelleingänge aus Westeuropa und der Ausbau der Sparte für Logistiksysteme sprächen für Jungheinrich. Die Bewertung sei im Vergleich zum Konkurrenten Kion noch nicht ausgereizt, sagt Drebing.

Die Fielmann-Aktie sei ein sicherer Hafen im schwankungsanfälligen Marktumfeld, sagt Analyst Peter Steiner vom Bankhaus Lampe. Ein Beleg dafür ist die Dividendenpolitik der Firma. „Sie hat seit elf Jahren ihre Ausschüttung Jahr für Jahr erhöht“, sagt Röhl. Das Bankhaus Lampe hat für Fielmann (Kurs gestern 71,44 Euro) ein Ziel von 76 Euro ausgegeben, denn der Einstieg in den italienischen Markt laufe gut an.

Die DZ Bank oder Warburg, sehen die Entwicklung des Unternehmens dagegen als weitgehend im Kurs eingepreist an. Karsten Rahlf von SRH Alsterresearch glaubt nicht, dass es lohnt, auf einen Rückschlag bei der Aktie zu warten. „Das Unternehmen ist sehr profitabel und finanziert seine Expansion mit eigenen Mitteln“, sagt er. Fielmann ist in Deutschland Marktführer und verkauft hier jede zweite Brille. Dennoch sieht Rahlf selbst diesen Markt noch nicht als ausgeschöpft an.

Aktien: Das sind die Verlierer

Und wer sind die Verlierer? Mit fünf norddeutschen Aktien haben Anleger seit Mitte 2011 Verluste gemacht. Fast 100 Prozent des Wertes verlor der insolvente Konzern KTG Agrar. Mit der Modekette Tom Tailor machten Aktionäre 76 Prozent Verlust, mit dem Hafenkonzern HHLA 48 Prozent. Auch Drägerwerk (minus 31) und Bijou Brigitte (minus 23 Prozent) stehen auf der Verliererseite.

So wurden die besten Aktien ermittelt

Auswahl: Zunächst wurde ermittelt, welche Aktien sich jeweils im Fünf- und Dreijahreszeitraum (bis 31. Juli 2016) besser als der HASPAX, das Hamburger Kursbarometer, entwickelt haben. 15 Aktien waren in mindestens einem der Zeiträume besser, nur acht in beiden.

Punktesystem: Für eine Platzierung in der Kategorie beste Wertentwicklung im Fünf- und Dreijahreszeit­raum­ gibt es 30 Punkte. Eine überdurchschnittliche Wertentwicklung über den Zeitraum fünf Jahre wurde mit zusätzlichen Punkten belohnt. So wurde gerechnet: Wertentwicklung der Aktie abzüglich der Wertentwicklung des HASPAX ergibt – nach Zehntelung und Rundung des Ergebnisses – die zusätzlichen Punkte. Beispiel Nordex: 403 minus 77 ergibt 326, also 33 zusätzliche Punkte.

Dividende: Firmen, die seit fünf Jahren die Dividende ständig erhöht haben, bekommen 20 weitere Punkte. Wer die Ausschüttung seit fünf Jahren nicht gesenkt hat, erhält 15 Punkte. Unternehmen, die immer Dividende gezahlt haben, was auch Kürzungen einschließen kann, erhalten zehn Punkte. Wer noch nie Dividende gezahlt hat, bekommt zehn Punkte Abzug.

Unterstützung: Bei der Datenermittlung wurde das Abendblatt von der Hamburger Sparkasse und der Plattform www.dividendenadel­.de unterstützt.