Auf Europas Airports droht ein Chaos - auch zwischen Hamburg und Frankreich fallen neun Flüge aus. Air France-Piloten sind sauer über Billig-Ableger wie Germanwings, Eurowings, Transavia und Vueling.

Paris/Hamburg. Die französische Fluggesellschaft Air France muss am Montag wegen eines Streiks die Hälfte ihrer Flüge streichen. Vermutlich könnten „48 Prozent unserer Flüge“ stattfinden, erklärte das Unternehmen am Sonntag.

Auch der Hamburger Flughafen ist betroffen. Neun An- und Abflüge zwischen der Hansestadt und Frankreich (Paris und Toulouse) werden voraussichtlich am Montag ausfallen.

Etwa 60 Prozent der Piloten wollen zu Wochenbeginn ihre Arbeit niederlegen. Die Pilotengewerkschaft SNPL hatte wegen des geplanten Ausbaus der Billig-Fluglinie Transavia zu einem einwöchigen Streik aufgerufen.

Air France riet Passagieren, die zwischen dem 15. und 22. September mit der Fluggesellschaft verreisen wollen, ihren Flug kostenlos umzubuchen oder zu stornieren. Die Verhandlungen mit der Gewerkschaft sollten am Sonntagabend aber fortgeführt werden, teilte Air France mit.

Hintergrund des Arbeitskampfs sind Pläne des Unternehmens, Kurz- und Mittelstreckenflüge künftig verstärkt über das Tochterunternehmen Transavia abzuwickeln. Die Gewerkschaft befürchtet eine Auslagerung von Jobs und schlechtere Arbeitsbedingungen.

Ein siebentägiger Streik wäre die längste Arbeitsniederlegung in der Geschichte von Air France. Unternehmenschef Frédéric Gagey bezifferte die täglichen Einbußen durch den Streik auf 10 bis 15 Millionen Euro. Gewerkschaftschef Jean-Louis Barber warnte, dass sich die Lage am Dienstag und Mittwoch weiter verschärfen könnte, da die Piloten, die am Montag im Einsatz waren, dann ihre Ruhepausen einlegen müssten.

Die Billigfieger setzen den Etablierten europaweit immer stärker zu – auch in deren Kerngeschäft. Das heißt, dass die Großen umdenken müssen. Germanwings, Eurowings, Transavia und Vueling sind die Hoffnungsträger von Lufthansa, Air France, Iberia & Co. Um gegen die Billig-Konkurrenz wie Ryanair und Easyjet nicht weiter an Boden zu verlieren, wollen die einstigen Staatsfluglinien europäischer Länder ihre konzerneigenen Billigheimer kräftig ausbauen – und treffen auf heftigen Widerstand der Belegschaft, die ihre Besitzstände wahren will. Doch den Konzernspitzen ist es den Konflikt wert. Sie sehen sonst kaum Hoffnung im umkämpften Europageschäft.

Diese Rechte gelten für Passagiere

Die Führung von British Airways war konsequent. Als die Airline 2007 erkannte, dass das Unternehmen mit Flügen von vielen britischen Flughäfen nur Geld verlor, konzentrierte sie sich auf Mittel- und Langstreckenverbindungen ab London. 2013 verspottete der damalige Lufthansa-Chef Christoph Franz die Briten zwar als „Heathrow Airways“ – weil sie praktisch nur noch von dem gleichnamigen Flughafen aus agierten. Doch dafür hatten sie einen Verlustbringer weniger am Bein.

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Die Lufthansa versucht es auf einem anderen Weg. Statt den Kampf gegen die Billigkonkurrenz aufzugeben, verlagert das Unternehmen alle Direktflüge abseits der großen Drehkreuze auf die für sie kostengünstigere Tochter Germanwings. 2015 soll der Bereich die operative Gewinnschwelle erreichen.

Dass es so lange dauert, liegt auch daran, dass die Gewerkschaften dem Vorstand weitgehende Zugeständnisse bei den Gehältern abgerungen haben: Für die Piloten gelten große Teile des Konzerntarifs – einschließlich eines bezahlten Vorruhestands ab Mitte 50, um dessen Erhalt sich die Pilotenstreiks der vergangenen Wochen drehten.

Dem neuen Vorstandschef Carsten Spohr genügt das nicht. Er will die Tochter Eurowings, die bislang nur mit kleinen Regionaljets unterwegs ist, mit Airbus-Maschinen quer durch Europa schicken. Damit riskiert er einen weiteren Konflikt mit den Piloten. Deren Gewerkschaft will in den Airbus-Cockpits nämlich nur Kollegen dulden, die nach dem Konzerntarif bezahlt werden – was Spohr auf jeden Fall umgehen will. Der Manager kündigte bereits die Gründung einer ausländischen Dachgesellschaft an.

Damit findet sich die Lufthansa in guter Gesellschaft mit der französisch-niederländischen Air-France-KLM. Deren Chef Alexandre de Juniac hat die Gesellschaft 2013 zumindest operativ aus der Verlustzone geholt und baut nun auf die Tochter Transavia. Sie soll ihre Flotte auf 100 Maschinen mehr als verdoppeln und zu einem der führenden Billigflieger in Europa werden.

Für die Führungsriegen von Lufthansa und Air France-KLM ist klar: Nur wenn Piloten und Flugbegleiter weniger verdienen, rechnen sich Flüge, mit denen Air France oder Lufthansa bei ihren hohen Kosten unweigerlich Geld verlieren würden. Dem Analysehaus Oddo zufolge muss Air France in ihrem Hauptgeschäft je angebotenem Sitzplatzkilometer rund doppelt so hohe Kosten erwirtschaften wie der irische Billig-Vorreiter Ryanair. Selbst bei Transavia lägen die Kosten etwa anderthalb Mal so hoch wie bei den Iren. Ryanair schreibt daher seit Jahren glänzende Gewinne.

British Airways und Iberia haben den Konflikt mit der Belegschaft auf die harte Weise gelöst: Nachdem sich die britische und die spanische Fluglinie zur International Airlines Group (IAG) zusammengeschlossen hatten, setzte die spanische Gesellschaft ein hartes Sanierungsprogramm durch und strich Tausende Stellen. Für die Europastrecken verleibte sich IAG den spanischen Billigflieger Vueling ein, der auch die Deutsche Lufthansa unter Druck setzt.

Laut einer Studie der Unternehmensberatung Prologis hat Vueling sein Flugangebot in den vergangenen Jahren mehr als verfünffacht. Durch die Übernahme des Billigfliegers mit günstigerem Personal bereiten Iberia Tarifstreitigkeiten heute deutlich weniger Kopfzerbrechen.