Lüneburgs Stadtverwaltung schaltet sich ein. Die Not ist groß. 1600 junge Leute beginnen im Oktober ihr Studium, aber viele von ihnen haben noch kein Zimmer.
Lüneburg. Mit einem Appell an Vermieter und Wohnraumbesitzer will die Lüneburger Stadtverwaltung gemeinsam mit anderen Beteiligten eine Situation entkrampfen, die in diesem Oktober besonders arg ist: die Wohnungsnot bei Studierenden. Hansestadt und Leuphana Universität, AStA, Studentenwerk und Campus Lüneburg rufen Privatleute dazu auf, freie Wohnungen und Zimmer zu melden.
Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD) weist beim Thema Notunterkünfte vor allem in Richtung Bund und Land. „Wir hätten hier kein Problem, wenn das Land uns die leerstehenden Container zur Verfügung stellen würde, die bislang von der Castor-Polizei genutzt wurden. Wir hätten auch kein Problem, wenn der Bund uns gestatten würde, Studentinnen und Studenten in einem Kasernenblock unterzubringen. Und zwar kostenfrei für eine Übergangszeit. Es kann doch nicht sein, dass dort Räume einfach leer stehen, hier sehe ich das Land und den Bund in der Pflicht, uns zu helfen.“
Daneben begrüßt der Oberbürgermeister Ideen, wie sie jetzt zum Beispiel das Studentenwerk Ost-Niedersachsen koordiniert. Dort können ungenutzte Zimmer und Schlafmöglichkeiten gemeldet werden. Auch die Idee „Wohnen gegen Hilfeleistung“, also etwa Babysitterdienste oder Zuarbeit in Haus und Garten, ist dort geboren. Mädge appelliert zudem an Anbieter von Ferienwohnungen, über eine Zwischenvermietung an Erstsemester bis zur Weihnachtssaison nachzudenken. „Speziell den neuen Studentinnen und Studenten in Lüneburg hilft es durchaus weiter, wenn sie für den Übergang ein Quartier haben, sich von dort aus orientieren und mit etwas Ruhe weitersuchen können.“
Das sieht auch Michael Klink, stellvertretender Geschäftsführer des Studentenwerks Ost-Niedersachsen so. „Die Enge auf dem Wohnungsmarkt zum Start ins Wintersemester ist bundesweit in Universitätsstädten ein Problem“, weiß er. Für Lüneburg kann Klink vor allem Neulingen, die etwas mobiler sind, aber durchaus Mut machen, denn: „Gerade in den Umlandgemeinden gibt es unserer Erfahrung nach ausreichend Wohnraum, vor allem auch zu guten Preisen.“
Anfang des Monats stellten Studierende der Leuphana und Vertreter des Studentenwerks im Rathaus das Projekt „Zukunfts(t)räume“ vor. Dabei sollen Menschen, die noch ein Sofa frei haben oder gerade auch Senioren mit leer stehenden Zimmern in Haus oder Wohnung Kontakt zu Erstsemestern knüpfen, die noch einen Schlafplatz benötigen. Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) freut sich ebenfalls über Angebote, mit der die „Bettenbörse“ auf der Internetpräsenz des AStA wieder aufgefüllt werden kann. Sprecher Thorben Peters sagt: „Im Moment haben wir deutlich mehr Nachfrage als Angebote.“ Generell habe der AStA ermittelt, dass die Durchschnittsmiete der Studierenden in Lüneburg bei 313 Euro warm monatlich läge, und damit etwa die Hälfte des Einkommens betrage.
Mittelfristig versprechen neue Bau- und Umbauvorhaben Entspannung auf dem Lüneburger Wohnungsmarkt, so die Stadtverwaltung. Das Studentenwerk Ost-Niedersachsen baut an der Wichernstraße ein neues Wohnheim mit neun Wohnungen und mehr als 50 Plätzen. „Wir kommen zügig voran, haben erst im Juni beantragt und der Keller ist schon fertig“, sagt Michael Klink. Geplante Fertigstellung: zum Wintersemester 2014. Auch im Hanseviertel sind Wohnungen für Studierende per Städtebau-Vertrag vorgesehen, und für das Neubauviertel Wittenberger Bahn/ Ilmenaugarten seien Gespräche geführt worden. Aktuell liegt der Stadt eine Bauvoranfrage für eine Art Wohnheim mit rund 300 Plätzen vor. Ab 2015 werde Wohnungsbau zudem Bestandteil der EU-Förderung. „Da kommt also etwas in Bewegung, und davon profitieren dann nicht allein Studentinnen und Studenten“, so Mädge.
Auch Campus Lüneburg sieht noch Entwicklungspotenzial. Während beim Campus Lüneburg e.V. alle 310 Zimmer aufgrund der günstigen Mietpreise längst belegt sind und 550 Studierende auf der Warteliste stehen, baut die vereinseigene Campus Management GmbH die letzten zehn Zimmer für Studierende im ehemaligen Anna-Vogeley-Seniorenheim in diesen Tagen zu Ende, drei Fußminuten vom Campus entfernt.
Im Frühjahr kommen sieben Appartements und zwei Familienwohnungen dazu. „Innerhalb von anderthalb Jahren haben wir dann Wohnraum für 76 Menschen im ehemaligen Altenheim geschaffen“, sagt der Geschäftsführer Klaus Hoppe. Die Leuphana Universität begrüßt in diesen Tagen rund 1600 Erstsemester in Lüneburg. Uni-Vizepräsident Holm Keller hält die zurzeit etwa 8200 Studierenden für eine gute Größenordnung, schließt einen weiteren Anstieg aber nicht aus – „vorausgesetzt die neue Landesregierung finanziert die Kosten pro Studienplatz entsprechend“.