Hoher Regulierungsaufwand habe zu Lieferverzögerung beitragen. Chefaufseher Cromme stärkt Löscher den Rücken und verteidigt Sparkurs.

München. Siemens-Chef Peter Löscher schiebt den Behörden und der Politik einen Teil der Schuld für die verspätet gelieferten ICE-Züge an die Deutsche Bahn zu.

„Wie die Bahn würden auch wir es sehr begrüßen, wenn Hersteller, Eisenbahnbundesamt und Politik in der Zulassungspraxis zu einfacheren, schnelleren und zeitgemäßen Zulassungsregeln kämen“, sagte Löscher am Mittwoch auf der Siemens-Hauptversammlung.

Anders als bei Autos oder Flugzeugen müsse bei Zügen jedes Schienenfahrzeug einzeln abgenommen werden. In Russland habe Siemens die Zulassung ähnlicher Modelle vier Monate früher als geplant erhalten.

Löscher hatte Bahnchef Rüdiger Grube hoch und heilig versprochen, die neuen ICEs rechtzeitig zum Winter zu liefern. Nachdem der ohnehin bereits verschobene Termin platzte, zog sich der Spitzenmanager den Zorn von Verkehrsminister Peter Ramsauer zu. Der CSU-Politiker zeigte sich über das gebrochene Versprechen „stocksauer“.

Der Siemens-Chef räumte ein, dass sein Konzern seinen „Teil der Verantwortung“ habe, betonte jedoch, dass er den Kunden nicht habe hängen lassen, sondern 100 Service-Techniker für den Winter geschickt habe. Das ICE-Debakel kostete Siemens im vergangenen Quartal 116 Millionen Euro. Einen neuen Liefertermin nannte der Hersteller nicht.

Bereits bei dem verbummelten Anschluss von Windparks in der Nordsee hatte Löscher den Regulierungsbehörden eine Mitschuld zugewiesen. Seinerzeit hatte er bemängelt, dass die Beamten das Prozedere verzögerten, weil nicht klar gewesen sei, ob Umspannwerke auf hoher See abnahmetechnisch wie Schiffe oder Ölplattformen zu behandeln seien. Die Windparks gehen den aktuellen Planungen zufolge mit teilweise mehr als einem Jahr Verspätung ans Netz.

Löscher: Solider Start ins neue Jahr

Trotz eines Gewinnrückgangs im ersten Quartal sieht Löscher sein Unternehmen auf Kurs. „In einem unsicheren konjunkturellen Umfeld sind wir solide in das Geschäftsjahr 2013 gestartet“, sagte der Vorstandsvorsitzende.

Im ersten Geschäftsquartal von Oktober bis Dezember 2012 verdiente das Dax-Unternehmen unter dem Strich 1,21 Milliarden Euro und damit zwölf Prozent weniger als ein Jahr zuvor. In den Geschäften, die Siemens fortführen wird, fiel das Minus deutlich geringer aus. Den Umsatz steigerte Siemens um zwei Prozent auf 18,13 Milliarden Euro. Ein Drittel davon kam allein aus den Schwellenländern.

Die Jahresprognose bestätigte der Konzern. Siemens will demnach im fortgeführten Geschäft einen Gewinn von 4,5 bis 5,0 Milliarden Euro erzielen. Allerdings stehe der Konzern vor einigen Herausforderungen, sagte Löscher. Dazu gehörten auch die Probleme mit der Anbindung der Windparks in der Nordsee und die verzögerte Auslieferung der neuen ICE-Züge an die Deutsche Bahn.

Chefaufseher Cromme verteidigt Sparkurs

Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme hat seinem Vorstandsvorsitzenden Peter Löscher den Rücken gestärkt und das milliardenschwere Sparprogramm des Konzerns verteidigt. Die Maßnahmen seien notwendig, auch wenn sie unpopulär seien.

„Wir lassen uns aber nicht vom Kurs abbringen, auch wenn manche Medien diesen hinterfragen und teilweise versuchen, Uneinigkeiten in Vorstand und Aufsichtsrat zu konstruieren, wo keine sind“, sagte Cromme zu Beginn der Hauptversammlung des Elektroriesen. Löscher steht seit Monaten in der Kritik. Siemens will bis 2014 sechs Milliarden Euro einsparen und wird auch tausende Stellen streichen