Während viele Euro-Länder den Gürtel enger schnallen müssen, werden hierzulande Bonbons verteilt. Doch bleibt mehr Geld übrig?

Frankfurt/Main. Ade Praxisgebühr, hallo Betreuungsgeld: Im Wahljahr 2013 verspricht die schwarz-gelbe Koalition den Bürgern milliardenschwere Geschenke. Die Rentenversicherung wird günstiger, die Renten steigen - vor allen im Osten. Millionen Hartz-IV-Empfänger bekommen mehr Geld.

Doch während sich die Politik trotz wachsender Schuldenberge großzügig gibt, ist längst nicht ausgemacht, ob die Bürger 2013 tatsächlich größere Sprünge machen können. Um einige Steuerentscheidungen wird noch gestritten. Und Stromversorger nehmen die Energiewende zum Anlass, ihre Kunden kräftig zur Kasse zu bitten.

Zuletzt füllten die gute Konjunktur und der robuste Arbeitsmarkt das Staatssäckel. Doch die Bundesbank moniert: Bund und Länder hätten die Chance vertan, ihre Haushalte mit Hilfe kräftiger Steuereinnahmen und extrem niedriger Zinsen zu sanieren. Die Wirtschaftsweisen stoßen in das selbe Horn: „In die falsche Richtung gehen strukturelle Mehrausgaben, wie etwa das Betreuungsgeld, die Zuschussrente oder die Abschaffung der Praxisgebühr.“

Doch den Bürgern kommt all das 2013 zugute. Kassenpatienten müssen keine 10 Euro mehr beim Arzt berappen. Insgesamt werden die gesetzlich Versicherten um zwei Milliarden Euro jährlich entlastet.

Gleichzeitig dürfen sich Arbeitnehmer auf weniger Abzüge für die Rentenversicherung freuen. Der Beitragssatz sinkt auf den niedrigsten Stand seit 18 Jahren: Von 19,6 auf 18,9 Prozent. Zusammen haben Arbeitgeber und -nehmer so insgesamt bis zu 6,3 Milliarden Euro mehr im Jahr. Bei einem Bruttoeinkommen von 2000 Euro verbleibt am Monatsende ein Plus von sieben Euro, bei einem Bruttoeinkommen von 5000 Euro sind es 17,50 Euro, rechnet die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen vor. Besserverdiener würden allerdings kaum mehr in der Tasche haben: Auch die Beitragsbemessungsgrenze, bis zu der Beiträge gezahlt werden müssen, steigt.

Auch nebenher lässt sich künftig mehr verdienen. Die Verdienstobergrenze für rund sieben Millionen Minijobber steigt erstmals seit 2003: Von 400 auf 450 Euro.

Auch wer nicht mehr arbeitet, darf sich auf höhere Überweisungen freuen. So wird die Rente der etwa vier Millionen Ost-Rentner wahrscheinlich um etwa drei Prozent steigen - so kräftig wie seit 1997 nicht mehr. Lange Gesichter zeichnen sich hingehen bei den 16 Millionen Rentnern im Westen ab: Sie werden sich wohl mit einem Plus von einem Prozent begnügen müssen.

West-Rentner werden damit real zu den Verlierern gehören. Das Bundeswirtschaftsministerium hat für 2013 eine Preissteigerung von 1,9 Prozent vorhergesagt. Nur etwas besser als West-Rentner schneiden die rund 6,1 Millionen Hartz-IV-Empfänger ab. Der monatliche Regelsatz steigt Anfang 2013 für einen Single um 8 auf 382 Euro.

Wermutstropfen für die Rentner in Ost und West: Der Beitragssatz zur Pflegeversicherung steigt zum 1. Januar von bisher 1,95 auf nunmehr 2,05 Prozent. Während sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Beitrag teilen, müssen ihn Rentner komplett selbst zahlen.

Trotz all der Wohltaten: Die Schuldenuhr tickt unaufhörlich weiter, pro Sekunde erhöht sich das Minus nach Angaben des Bundes der Steuerzahler um 1335 Euro. Insgesamt steht Deutschland mit mehr als 2 Billionen Euro in der Kreide. Dennoch sah die Koalition noch Spielraum für ein weiteres umstrittenes Geschenk: Das von Kritikern als „Herdprämie“ abgelehnte Betreuungsgeld.

Vom 1. August 2013 an sollen Eltern 100 Euro monatlich dafür bekommen, dass sie für ihr Kind im zweiten und dritten Lebensjahr keinen Kita-Platz in Anspruch nehmen, obwohl sie darauf einen Rechtsanspruch haben. 2014 steigt das Betreuungsgeld auf 150 Euro. Die Koalition rechnet ab 2014 mit 1,1 Milliarden Euro Kosten pro Jahr, die Opposition spricht von 2 Milliarden Euro. Es könnte aber noch teurer werden: Wenn nicht genügend Kita-Plätze geschaffen werden und Eltern ihre Kinder daher zu Hause betreuen müssen.

So oder so: Auch wenn der Staat den Bürgern 2013 nicht mehr so tief in die Taschen greift, die Inflation niedrig bleibt und die Tariferhöhungen zuletzt üppig ausfielen - einen nicht unbeachtlichen Teil ihres Gewinns werden die Menschen in Deutschland gleich weitereichen müssen: an Energiekonzerne.

Galten 2012 die steigenden Spritpreise vielen als Ärgernis Nummer eins, werden es 2013 womöglich die Strompreise sein. Zum Jahreswechsel bekommen die Verbraucher die Energiewende erstmals mit voller Wucht zu spüren, zahlreiche Versorger drehen kräftig an der Preisschraube. Erhöhungen im zweistelligen Prozentbereich sind keine Seltenheit.

Für einen Vier-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden kommen schnell zusätzliche Belastungen in einer Größenordnung von rund 125 Euro zusammen. Die Versorger begründen den Schritt mit höheren Ökostromabgaben und Netzentgelten. Mit anderen Worten: Der Staat kassiert eifrig mit.