Unternehmen Vattenfall bekommt erstmals Konkurrenz in Hamburg. Die Stadtwerke Mölln fordern den Marktführer jetzt heraus.
Hamburg. Holger F. weiß kaum noch, wie er das finanziell stemmen soll. "Ab Januar muss ich 322 Euro im Monat für meine Stromrechnung bezahlen", sagt er dem Abendblatt. Seinen Nachnamen will er nur abgekürzt lesen. Sein Versorger Vattenfall hat zum 1. Januar 2013 die Preise für Nachtspeicherstrom um knapp 21 Prozent auf 20,9 Cent je Kilowattstunde angehoben. "Seit 2009 ist damit der Tarif für Nachtspeicherstrom von Vattenfall um rund 78 Prozent gestiegen. Bei Normalstrom waren es 47 Prozent", sagt er.
Vattenfall bestätigt die Angaben und teilt zugleich mit, man habe die verschiedenen Strompreise aber stets um den gleichen Cent-Betrag erhöht. Der unterschiedliche prozentuale Anstieg sei auf verschiedene Basispreise zurückzuführen. Bislang war Vattenfall der einzige Anbieter von Nachtstrom in Hamburg. Konkurrenz hielt sich fern, weil das Geschäft nicht so renditestark ist wie der übliche Stromverkauf. Doch jetzt können die Kunden hoffen.
Mit den Vereinigten Stadtwerken aus Mölln kommt ein weiterer Versorger auf den Hamburger Markt. "Wir bieten Nachtstrom im Hamburger Vattenfall-Netz an", bestätigt Heinz Grothkopp, Geschäftsführer der Vereinigten Stadtwerke. Zwar will das Unternehmen seine Tarife zum 1. Februar auf 18,57 Cent pro Kilowattstunde für Nachtspeicherheizungen und auf 18,81 Cent für Fußbodenheizungen erhöhen. Aber damit sind die Vereinigten Stadtwerke, deren monatlicher Grundpreis bei 55 Euro liegt, beim Tarif für Nachtspeicherheizungen immer noch günstiger als Vattenfall. Bei 10 000 Kilowattstunden Verbrauch muss eine Familie bei Vattenfall im Jahr 2132,36 Euro für ihre Nachtspeicherheizung bezahlen, bei den Vereinigten Stadtwerken sind es 1923 Euro. Eine Ersparnis von mehr als 200 Euro. Hamburgs Marktführer erhöht seinen Tarif zum 1. Januar von 16,61 Cent je Kilowattstunde auf 20,08 Cent. Die Anhebung entspricht laut Vattenfall den Mehrkosten, die der Stromkonzern wegen des Erneuerbare-Energien-Gesetz bezahlen muss.
Holger F. hatte einst wie Zehntausende Hamburger auf die Politik vertraut, die in den 1970-er Jahren Nachtspeicherheizungen als modernste und sauberste Technik gepriesen hatte. Ganze Straßenzüge wurden damals mit Häusern bebaut, die eine solche Heizung hatten. F. und seine Frau erwarben vor 15 Jahren ihr Eigenheim in Sasel mit elektrischer Fußbodenheizung. "Ich habe auf die niedrigen Preise für Nachtstrom gesetzt", sagt er. Warmes Wasser bekommt er über Boiler, die ebenfalls mit Strom betrieben werden. "Ich bezahle 188 Euro an Heizstrom für eine Fläche von rund 100 Quadratmetern", sagt er. F. spart bereits, denn zwei Zimmer seines Hauses heizt er gar nicht mehr. "Hinzu kommen 134 Euro für Normalstrom inklusive der Warmwasserversorgung", sagt der Mann, der das Haus nur mit seiner Frau bewohnt.
Zum Hintergrund: Nachts verbrauchen Haushalte und Industrie weniger Strom als am Tag. Um Kraftwerke dennoch gleichmäßiger auszulasten, wurden sogenannte Nachtstromtarife eingeführt. Nachtstrom galt früher zudem als eine günstige Alternative zu Kohle und Öl, doch heute ist das Heizen mit Strom alles andere als günstig. Zudem ist die Technik ineffizient. Daher hat die Bundesregierung bereits 2008 das Ende für Elektroheizungen besiegelt. Der zweiten Novelle der Energieeinsparverordnung zufolge dürfen die Nachtspeicherheizungen nur noch bis Ende 2019 eingesetzt werden, danach müssen sie durch eine effizientere Heiztechnik ausgetauscht werden. Von der Regelung sind jedoch keine Eigenheimbesitzer betroffen, sondern nur Eigentümer von Häusern mit mehr als fünf Haushalten. Bereits 2007 hatte man mit Verweis auf die schwindende Wirtschaftlichkeit die Steuerbegünstigungen für die Nachtspeicherheizungen gestrichen.
Holger F. denkt nun auch darüber nach, seinen Nachtstromanbieter zu wechseln.