In Deutschland und Frankreich steigt das Bruttoinlandsprodukt. Europa schreibt im dritten Quartal einen Rückgang von 0,1 Prozent.
Luxemburg/Wiesbaden. Die Eurozone ist erstmals seit drei Jahren wieder in eine Rezession abgerutscht. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte zwischen Juli und September um 0,1 Prozent, nachdem es bereits im vorherigen Quartal um 0,2 Prozent gesunken war, wie das europäische Statistikamt Eurostat am Donnerstag mitteilte. Auch ein leichtes Wachstum in den stärksten Volkswirtschaften des Euroraums, Deutschland und Frankreich, konnte das Abgleiten in die Rezession nicht verhindern.
Zwei Quartale Minuswachstum in Folge ist die gängige Definition einer Rezession. Experten zufolge sind die Aussichten auch für das kommende Quartal nicht besser. Der Rückgang des BIP werde sich in der Eurozone im vierten Quartal fortsetzen und möglicherweise noch bis 2013 anhalten, sagte Michael Taylor von der Londoner Wirtschaftsberatung Lombard Street Research.
Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich legte die Wirtschaftsleistung dagegen leicht um jeweils 0,2 Prozent zu. Für die hiesige Wirtschaft bedeutet das jedoch eine deutliche Verlangsamung. Das BIP wuchs nach Angaben des Statistischen Bundesamts in Deutschland im zweiten Quartal 2012 noch um 0,3 Prozent und im ersten Quartal sogar noch um 0,5 Prozent.
Der Konsum der privaten und öffentlichen Haushalte legte hierzulande laut Statistik im zweiten Quartal saisonbereinigt zu. Auch sei mehr in Bauten investiert worden. Das habe den Rückgang der Ausrüstungsinvestitionen sowie den Abbau von Vorräten bei den Unternehmen kompensieren können, teilte das Bundesamt mit.
Die Tendenz geht nach Ansicht von Volkswirten jedoch zu einer weiteren Verlangsamung des Wirtschaftswachstums. Manche erwarten auch für Deutschland eine Rezession. Der Rückgang der Investitionen steht nach Ansicht des Ökonomen für Deutschland bei der Commerzbank, Ralf Solveen, in direktem Zusammenhang mit der Krise. „Die Unternehmen sind verunsichert, da sie nicht wissen, wie es weiter geht mit der Eurokrise“, sagte Solveen der Nachrichtenagentur dapd. Auch er geht davon aus, dass sich die Konjunktur im vierten Quartal eher noch weiter eintrübt und im ersten Quartal 2013 schwach bleibt.
Das Wachstum in Deutschland und Frankreich war im dritten Quartal nicht stark genug, um die Schwäche der Krisenländer auszugleichen. Laut Eurostat fiel das BIP im Zeitraum Juli bis September in Italien um 0,2 Prozent und in Spanien um 0,3 Prozent. Die dritt- und die viertgrößte Volkswirtschaft im Euroraum verzeichneten somit in den ersten drei Quartalen dieses Jahres ein Negativ-Wachstum. Auch in den Niederlanden ging es mit der Konjunktur bergab. Die Wirtschaftsleistung lag demnach im dritten Quartal um 1,1 Prozent unter dem vorangegangenen Dreimonatszeitraum.
In allen 27 Ländern der EU wuchs die Wirtschaft im dritten Quartal laut Eurostat indes leicht um 0,1 Prozent, unterstützt von einem BIP-Zuwachs von einem Prozent in Großbritannien. In kleineren Ländern außerhalb der Eurozone wie Litauen, Lettland und der Slowakei zog die Konjunktur ebenfalls an.
Auch weltweit war das Wirtschaftswachstum im dritten Quartal uneinheitlich. In den USA wuchs das BIP derweil im Vergleich zum Vorquartal 0,5 Prozent, während es in Japan um 0,9 Prozent absackte.
Die Stimmung in der Weltwirtschaft hat sich laut Ifo-Institut nochmals verschlechtert. Wie das Münchner Institut für Wirtschaftsforschung am Donnerstag mitteilte, sank sein Indikator für das Weltwirtschaftsklima im vierten Quartal von 85,1 auf 82,4 Punkte. Sowohl die aktuelle wirtschaftliche Lage als auch die Geschäftsaussichten für das kommende halbe Jahr beurteilen die 1.156 befragten Experten in 124 Ländern demnach schlechter als vor drei Monaten.
Besonders deutlich ist das Minus demnach in Westeuropa ausgefallen. In Nordamerika und Asien dagegen gab es nur einen leichten Rückgang, wie Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn sagte. Die Experten rechnen zudem für das Jahr 2012 mit einem leichten Anstieg der weltweiten Inflation von 3,4 auf 3,6 Prozent. Der Dollar wird nach ihrer Ansicht kaum an Wert gewinnen.