Das BIP sinkt im dritten Quartal auf 0,2 Prozent, Firmen halten sich mit Investitionen zurück. Deutschland steuert auf Stagnation zu.
Berlin. Die schwächelnde Konjunktur in der Eurozone und die sinkende Investitionsfreude der Unternehmen bremst jetzt auch den deutschen Konjunkturmotor.
So stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal wie erwartet nur um 0,2 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag mit.
Im Frühjahr hatte die Wirtschaft noch um 0,3 Prozent zugelegt, am Jahresbeginn sogar um 0,5 Prozent. Für Impulse sorgten diesmal anziehende Exporte und Konsumausgaben. Experten erwarten im Schlussquartal wegen der Schuldenkrise bestenfalls eine Stagnation. „Das war vorerst die letzte gute Zahl aus Deutschland“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. „Am Jahresende schrumpft die deutschen Wirtschaft vermutlich etwas.“
Grund sei die Unsicherheit, die von der Schuldenkrise ausgehe. „Ich erwarte, dass die deutsche Wirtschaft erst Mitte nächsten Jahres zu ordentlichen Zuwachsraten zurückkehrt“, sagte Krämer. „Das basiert allerdings auf der Annahme, dass die EZB das Risiko eines Zerfalls der Währungsunion mit den Notenpresse bannt – also durch den Kauf von Staatsanleihen frisches Geld in die Wirtschaft pumpt.“
„Deutschland steuert auf eine Stagnation zu“, sagte der Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn. „Die größte Sorge ist, dass die Unternehmen weniger investieren. Das ist gewöhnlich ein Vorbote für eine Rezession.“ Als reine Vorsichtsmaßnahme sollte die Bundesregierung jetzt die Regelungen für die Kurzarbeit ausdehnen. „Das hat uns in der Finanzkrise sehr geholfen.“
Für positive Impulse sorgte nach Angaben der Statistiker die Auslandsnachfrage. „Nach vorläufigen Berechnungen stiegen die Exporte von Waren und Dienstleistungen etwas stärker als die Importe.“ Aus dem Inland kamen dagegen unterschiedliche Signale. Während private Haushalte und der Staat mehr konsumierten und auch die Bauausgaben zulegten, investierten die Unternehmen wegen der unsicheren Geschäftsaussichten erneut weniger in Maschinen, Fahrzeuge und Geräte.
Verglichen mit anderen Euro-Ländern steht Deutschland noch gut da. In Portugal brach das Bruttoinlandsprodukt um 0,8 Prozent ein. Für die gesamte Euro-Zone wird ein Minus von 0,2 Prozent erwartet. Frankreich schaffte dagegen ein überraschendes Plus von 0,2 Prozent.
Zuletzt mehrten sich die Hinweise darauf, dass die Schuldenkrise auch die deutschen Wirtschaft nach unten zieht. Im September brachen die Industrieaufträge mit 3,3 Prozent so kräftig ein wie seit einem Jahr nicht mehr, weil vor allem die Nachfrage aus der rezessionsgeplagten Euro-Zone stark nachlässt. Die Exporte fielen zum ersten Mal seit dem Krisenjahr 2009. Die Stimmung in der Wirtschaft ist deshalb so schlecht wie seit Februar 2010 nicht mehr, fand das Ifo-Institut bei seiner monatliche Umfrage unter 7000 Managern heraus. Die Bundesbank erwartet bestenfalls eine Stagnation im vierten Quartal.
Für das Gesamtjahr rechnen Regierung, führende Institute und Wirtschaftsweise mit einem Wachstum von 0,8 Prozent. 2011 waren es noch 3,0 Prozent. Für 2013 wird ein Plus von rund einem Prozent erwartet.