Das von den Briten erfundene Label sollte deutsche Waren diskriminieren – ein Eigentor. Jetzt ist das Label unverzichtbar.
Düsseldorf. Der Schuss ging nach hinten los: Mit dem Label „Made in Germany“ sollten vor 125 Jahren deutsche Produkte in Großbritannien diskriminiert werden. Geklappt hat das nicht. Die Idee wurde zum Erfolgsrezept – allerdings für die deutschen Hersteller. Heute ist der kleine Schriftzug vor allem für viele mittelständische Unternehmen unverzichtbar.
Das britische Handelsmarkengesetz vom 23. August 1887 gilt als Geburtsstunde des heute weltweit bekannten Labels. Hintergrund waren damals Konkurrenz-Sorgen von Messerherstellern aus Sheffield, die auf Maßnahmen gegen die unliebsamen Billigheimer vom Kontinent drängten. Doch das Londoner Parlament stand vor einem Dilemma: „Die Briten hätten Schutzzölle hochziehen können, doch als Exportnation profitierte das Land selbst davon, dass es weltweit so relativ wenig Zölle gab“, beschreibt Dieter Ziegler, Professor für Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte an der Bochumer Ruhr-Universität, die Situation.
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Auf Druck der Hersteller musste jedoch gehandelt werden und so kam es zur Einführung des neuen Labels. „Das Made-in-Germany-Gesetz war so etwas wie ein Kompromiss“, beschreibt der Historiker die verzwickte Lage. „Man schließt die deutschen Waren nicht aus, indem man sie mit Zöllen belegt, aber man signalisiert dem britischen Verbraucher „Achtung – was du hier kaufst ist zwar billig, aber auch schlecht„“, so der Historiker.
Nach einer Ende des 19. Jahrhunderts einsetzenden dramatischen Aufholjagd der deutschen Produzenten in Sachen Qualitätsverbesserung entdeckten viele Verbraucher jedoch schon bald die Qualität der importierten Produkte. „Heute ist es ein Qualitätssiegel, auf das von vielen deutschen Unternehmen großer Wert gelegt wird und um dessen Weiterbestand Deutschland kämpft“, sagt Olaf Plötner, Fakultätsmitglied der European School of Management and Technology in Berlin.
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Vor allem für mittelständisch geprägte Unternehmen, die nicht über ein bekanntes Firmenlogo verfügten, sei das „Made in Germany“ nach wie vor unverzichtbar, berichtet Volker Treier, Bereichsleiter International beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). „Es ist für den Exporterfolg nicht wegzudenken“, sagt er.
Verpassen kann sich jeder das Label selbst – vorgeschrieben ist eine Herkunftsbezeichnung in Deutschland nicht. „Es ist aber nicht unverbindlich“, warnt der DIHK-Experte. Notfalls müsse das Werbeversprechen auch einer gerichtlichen Überprüfung standhalten können. Dabei reicht es nach den Erfahrungen des Experten jedoch in der Regel aus, wenn 45 Prozent der Wertschöpfung in Deutschland erbracht wurden.
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Manche Unternehmen wie der Automobilhersteller Porsche versprechen sich vom „Made in Germany“ keinen großen Werbeeffekt mehr, weil das Produkt selber schon seit jeher so urdeutsch daherkommt. „Porsche ist quasi der Inbegriff für „Made in Germany“, für uns ist das alles daher nicht so relevant und würde die Bekanntheit der Marke nicht mehr steigern“, sagt ein Sprecher des Stuttgarter Autobauers. Einen Werbespruch „Made in Germany“ findet Porsche überflüssig.
Etliche Teile in den Autos der Schwaben werden auch im Ausland gefertigt. Das Zusammensetzen der fertigen Autos läuft aber nur an den Fließbändern im Inland. Im offiziellen englischen Sprachgebrauch heißt es bei Porsche „engineered and made in Germany“ – übersetzt hieße das in etwa: „entwickelt und gebaut in Deutschland“.
Begehrt ist das Label dagegen nach wie vor in Fernost – nicht nur bei den Kunden deutscher Produkte. Im Frühjahr hatte der chinesische Baumaschinenhersteller Sany mit der Übernahme des deutschen Betonpumpenbauers Putzmeister für Aufsehen gesorgt. Neben der Marke ging auch das Know-how des deutschen Qualitätsherstellers an die neuen Eigner. „Ich könnte mir vorstellen, dass Sany-Betonpumpen bald einen Qualitätssprung machen“, sagte Plötner.
Auch „Made in China“ könnte damit vielleicht schon bald zum neuen Qualitätslabel werden. „China ist heute in der Situation, in der Deutschland damals war. Das Land hat einen Kostenvorteil, liefert aber oft noch ziemlich schlechte Qualität“, so Plötner. Doch mit Investitionen in Forschung und Entwicklung habe die Aufholjagd längst begonnen.