Die WTO wies laut Airbus die Behauptung von Boeing zurück, die Airbus-Hilfen hätten Amerikas Luftfahrtindustrie „materiell geschädigt“.
Paris. Die Welthandelsorganisation (WTO) hat nach Airbus-Angaben die europäischen Starthilfekredite für Airbus-Flugzeuge grundsätzlich gebilligt. Das wichtigste Förderinstrument für Airbus wurde „als rechtskonformes Instrument der Partnerschaft zwischen Regierungen und Industriepartnern bestätigt“. 70 Prozent der Beschwerden von Konkurrent Boeing seien abgewiesen worden, erklärte Airbus am Dienstag. Damit wäre der Weg für 3,3 Milliarden Euro Darlehen für das neue Langstreckenflugzeug Airbus A350 weiter frei.
Boeing indes reklamierte den Sieg für sich. „Das ist ein starkes und bahnbrechendes Urteil und eine gute Nachricht für die Beschäftigten der Luftfahrtindustrie in ganz Amerika“, erklärte der US-Konzern. Europas Regierung hätten mit ihren Staatshilfen den Markt für große Verkehrsflugzeuge heftig verzerrt. „Die Entscheidung sollte das Spielfeld für Airbus ein für alle Mal abstecken.“ Auch sei das WTO-Urteil ein Signal für andere Nationen, die auf den Markt drängten. Russland und China arbeiten an neuen Verkehrsmaschinen.
Die WTO hatte am Dienstag den Streitparteien ihren Bericht über die Staatshilfen für Airbus übermittelt. Die USA hatten 2004 gegen die Starthilfekredite bei der WTO in Genf geklagt. Daraufhin hatten die Europäer gegen Washingtons Boeing-Beihilfen geklagt. Den Bericht dazu will die WTO aber erst im Juni veröffentlichen.
Die WTO wies laut Airbus die Behauptung von Boeing zurück, die Airbus-Hilfen hätten Amerikas Luftfahrtindustrie „materiell geschädigt“. Die europäischen Maßnahmen hätten in den USA weder Arbeitsplätze noch Gewinne gekostet. Washington hatte den Schaden auf 205 Milliarden Dollar beziffert und erklärt, Airbus habe dank der Förderung seinen Weltmarktanteil seit 2001 von 37 Prozent auf mehr als die Hälfte ausgebaut. Die WTO sieht das nicht so.
Rund 30 Prozent der US-Klagen werden von der WTO allerdings als begründet angesehen. So akzeptieren die Handelswächter zwar das Prinzip der Starthilfekredite, die verzinst und nach Erreichen der Gewinnschwelle des Flugzeugbauprogramms getilgt werden müssen. Sie bemängeln aber die Bedingungen früherer Airbus-Kredite als nicht marktkonform. Daran machte Boeing seine Sicht der Dinge fest.
Als strukturell regelwidrig sieht die WTO zudem die Zuschüsse für die Forschung und Entwicklung an. Gegen diesen Punkt will Airbus in einem möglichen Revisionsverfahren vor allem vorgehen. Allerdings ist die WTO-Haltung für Boeing ein noch größeres Problem. Denn der US- Konzern profitiert dank vieler Rüstungs- und Raumfahrtprogramme erheblich mehr von Technologieförderung als Airbus. „In Europa geht es um vielleicht 200 Millionen Technologieförderung, in den USA um einen zweistelligen Milliardenbetrag“, sagte ein Airbus-Sprecher. Bericht zu Boeing-Hilfen erwartet
Große Hoffnungen setzt Airbus daher auf den Bericht, den die WTO im Juni zu den Boeing-Subventionen vorlegen will. Die WTO werde bestätigen, dass Boeings „Dreamliner“ 787 „das am höchsten subventionierte Flugzeugprogramm in der Geschichte der Luftfahrt“ sei, meint Airbus. „Das wird noch ein böses Erwachen für Boeing“, sagte Airbus-Sprecher Stefan Schaffrath. Der europäische Flugzeugbauer drängt auf transatlantische Verhandlungen, um den Subventionsstreit zu beenden. Boeing lehnte das jedoch schon vor Vorlage des WTO-Berichts ab.
Beide WTO-Verfahren dürften zunächst in die Revision gehen. Das könnte drei bis fünf Jahre dauern. Am Ende erwartet Airbus dann doch eine Verhandlungslösung. Weder die USA noch die Europäer würden ihre „strategische“ Flugtechnikindustrie gefährden, wenn neue Konkurrenten wie China mit Macht auf den Markt drängten.
Nach Ansicht von Boeing haben die „illegalen europäischen Subventionen“ Zehntausende Jobs in Amerika gekostet. Der US-Flugzeugbauer kritisierte unter anderem die Bereitschaft der Bundesregierung, die Entwicklung des Langstreckenflugzeugs A350 mit 1,1 Milliarden Euro Krediten zu fördern. „Wir ermahnen sie, ihren Kurs zu ändern.“ Alle europäischen Regierungen müssten den klaren Regeln der WTO folgen, teilte der US-Konzern am späten Dienstagabend mit. Zur Subventionierung der eigenen Produkte nahm Boeing nicht Stellung.