Das Netzwerk FidAR tritt auf wichtigen Hauptversammlungen auf. Familienministerin Kristina Schröder unterstützt die Initiative.
Hamburg. Sie haben lange geplant, Termine verglichen und mögliche Rednerinnen eingeteilt. Jetzt will das 2006 gegründete Netzwerk für mehr Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR) in deutschen Firmen richtig losschlagen. Die Hauptversammlungen von Aurubis in Hamburg, ThyssenKrupp in Bochum, Wincor Nixdorf in Paderborn, Siemens und Infineon in München haben sie schon besucht und ihre Forderungen nach mehr Frauenpower vorgetragen. Öffentlich haben sie gefragt, warum die Unternehmen so wenige oder sogar gar keine weiblichen Vorstände oder Aufsichtsräte haben. Dass dabei manche der älteren Ratsmitglieder väterlich gütig dreinblickten, als würde ihnen die Enkelin einen Vortrag zur Emanzipation halten, haben sie tapfer weggesteckt.
"Dieses Jahr sind weitere Auftritte zum Beispiel bei Douglas, Daimler, RWE, E.on, Allianz und VW geplant", sagte Jutta von Falkenhausen, stellvertretende Vorsitzende des Vereins, dem Abendblatt. Insgesamt will die Initiative, die auch vom Bundesfamilienministerium unterstützt wird, laut Agnieszka Goscinska vom Deutschen Juristinnenbund ihr Anliegen auf rund 70 Aktionärstreffen börsennotierter Unternehmen vortragen.
Immer noch vertrauen nur wenige Vorstands- und Aufsichtsratschefs Frauen Führungspositionen an. Laut einer neuen Studie von Professor Hagen Lindstädt von der Uni Karlsruhe waren 2008 zwar 307 der 3758 Aufsichtsratsmitglieder in Deutschland weiblich, was sich mit einem Anteil von 8,2 Prozent auf den ersten Blick positiv anhört. "Aber 63 Prozent von ihnen sind Vertreter der Arbeitnehmerseite und kamen über den Betriebsrat oder die Gewerkschaften in das Gremium. Nur 37 Prozent waren tatsächlich von der Anteilseignerseite ernannt worden", sagt Lindstädt.
FidAR fordert nun eine Quote, damit qualifizierte Frauen eine Chance in den Gremien erhalten. "Vor wenigen Jahren hätte ich mich noch gegen die Einführung von Frauenquoten gewehrt", sagt die Juristin von Falkenhausen. "Doch unsere Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt, dass wir ohne Quotenregelung bis zum Sankt Nimmerleinstag auf einen ausgewogenen Frauenanteil in den Aufsichtsräten warten müssten." Einige Erfolge hatte die Organisation bereits. So will der Corporate Governance-Ausschuss, der die Benimmregeln für börsennotierte Firmen erstellt, in diesem Jahr in seinem Kodex das Thema Frauen in den Aufsichtsräten stärker als bisher hervorheben. Zudem gibt es Beispiele bei Unternehmen. So hat ThyssenKrupp die Wirtschaftsweise Beatrice Weder di Mauro in sein Gremium aufgenommen und bei Henkel wurde mit Simone Bagel-Trah die Ururenkelin des Firmengründers zur Aufsichtsratsvorsitzenden ernannt. In Hamburg wurde bei Beiersdorf neben den Arbeitnehmervertretern Manuela Rousseau und Elke Bruns die Wiener Professorin Eva Eberhartinger von der Anteilseignerseite ins Gremium berufen. Beiersdorf-Aufsichtsratschef Reinhard Pöllath ist FidAR-Mitglied.
Lindstädt geht es weniger um Quoten, sondern darum, "dass ohne Frauen die Hälfte der Intelligenz" in Deutschland nicht abgefragt wird. Aufsichtsräte müssten über das entsprechende Wissen verfügen, die Gremien dürften zudem nicht in Richtung einer Versorgungskasse für Politiker und Pensionäre verkommen. Lindstädt setzt sich für mehr Frauen in den Vorständen ein, die mit dem erworbenen Wissen auch ein Aufsichtsmandat übernehmen können. "Derzeit sind nur 2,4 Prozent der Vorstandsmitglieder weiblich." Zudem sollten sich die Firmen im Corporate Governance Kodex verpflichten, jährlich ihren Frauenanteil von der ersten bis zur dritten Führungsebene zu veröffentlichen.
Am 15. März präsentiert Familienministerin Kristina Schröder (CDU) bei FidAR ihren Stufenplan zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen.