Die reichen Käufer bleiben aus: Die angeblich “besten Freunde der Frauen“ erleben einen dramatischen Preisverfall, der nach Ansicht von Experten noch nicht gestoppt ist.
Hamburg. Der israelische Marktexperte Chaim Even-Zohar rechnet mit einem Rückgang der Preise für Rohdiamanten um bis zu 60 Prozent. Nach seinen Schätzungen gibt es Lagerbestände im Wert von 50 Milliarden Dollar. Die Diamantenindustrie erlebt den heftigsten Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg. Der Diamantenkonzern De Beers hat die Förderung stark eingeschränkt und erwartet dieses Jahr eine Halbierung des Umsatzes. Denn die zahlungskräftigen Käufer wie Banker mit Millionenboni oder russischen Oligarchen fallen wegen der Finanzkrise aus. In den USA, wo knapp die Hälfte der Diamanten auf der Welt abgesetzt werden, ist der Markt stark eingebrochen. Im Londoner Schmuckhandel kosten Diamantringe bis zu 25 Prozent weniger.
Bei Hamburger Juwelieren ist die Entwicklung noch nicht angekommen. "Bei uns ist die Welt noch in Ordnung", sagt Nicolaus Giercke, persönlich haftender Gesellschafter von Uhren-Becker: "Die Nachfrage ist sogar höher als im Vorjahresquartal." Nur bei ganz kleinen Steinen im Bereich von 0,01 bis 0,08 Karat spüre er Preisreduzierungen von bis zu 20 Prozent. "Doch das ist nicht die interessante Ware", sagt Giercke. "Große Steine ab einem Karat in sehr guter Qualität sind sehr schwer zu bekommen." Er kann sich nur vorstellen, dass einzelne Händler aus Liquiditätsgründen zu Preiszugeständnissen bereit sind.
"Die extremen Preisrückgänge gibt es lediglich bei Steinen von über drei Karat", sagt Eva-Maria Leuschel von Wempe. Da seien die Preise zuvor auch extrem gestiegen. "Das ist aber nicht die Ware, die bei uns täglich über die Ladentheke geht." Steine bis ein Karat seien dagegen nicht günstiger geworden. "Das liegt daran, dass kleine Preisvorteile für den Kunden, der in Euro zahlt, durch den wieder festeren Dollar aufgezehrt wurden."
Bei Grüne's Leihhäuser hat man den Preisverfall bei Diamanten sehr wohl registriert. "Wir sind bei der Beleihungen von Diamantringen zurückhaltender geworden", sagt Berit Schröder-Maas, Geschäftsführerin von Grüne's Leihhäuser. "Denn wir spüren bei Auktionen deutlich, dass sich Diamantringe nicht mehr mit den Erlösen wie noch vor einem Jahr versteigern lassen." Bleibt ein kleiner Trost: Gold, in das die edlen Steine gefasst werden, zeigt sich weitgehend wertstabil. Auf Euro-Basis ist der Goldpreis seit Mitte 2007 um rund 40 Prozent gestiegen. "Im Frühjahr 2010 könnte die 1000-Dollar-Marke je Feinunze wieder erreicht sein", meint Thorsten Proettel von der Landesbank Baden-Württemberg.