Sparpakete und gute Konjunktur sorgen für Stimmungswandel am Devisenmarkt. Der Goldpreis sinkt unterdessen. Für viele ist die Krise gemeistert.
Hamburg. Die Wende kam unerwartet schnell. Noch vor wenigen Wochen sprachen britische Ökonomen vom "finalen Todeskampf", die Bundeskanzlerin von einer "Existenzkrise" des Euro. Viele Anleger wollten sich von der Gemeinschaftswährung trennen. Nach dem Finanzdesaster in Griechenland fürchteten sie Staatsbankrotte und den Zerfall der Euro-Zone. Der Euro sank auf 1,19 Dollar, im Gegenzug erzielten Goldmünzen Rekordpreise.
Das war vor zwei Monaten. Inzwischen haben die Anleger das Euro-Trauma hinter sich gelassen. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs gestern auf 1,3206 Dollar fest. Damit hat sich der Euro seit dem Tief Anfang Juni um gut zehn Prozent erholt. "Wir rechnen in den nächsten Monaten mit einer Bandbreite von 1,30 bis 1,35 Dollar", sagt Jochen Intelmann, Chefvolkswirt der Hamburger Sparkasse (Haspa). "Der Euro wird gestärkt aus der Krise hervorgehen."
Die Entwicklung zeigt auch, wie übertrieben der Absturz des Euro war. Innerhalb eines Monats verlor die Gemeinschaftswährung zwölf Prozent an Wert. "Investoren konnten dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen und lösten ihre Euro-Anlagen auf, um noch einen Teil ihrer Gewinne zu sichern", sagt Intelmann. Denn sie fürchteten eine weitere Abwärtsbewegung.
Für viele ist die Euro-Stärke ein Zeichen dafür, dass die Euro-Zone das Schlimmste der Krise bereits hinter sich gelassen hat. "Überrascht hat sicherlich, mit welcher Konsequenz die Sparbemühungen in den südlichen Euro-Ländern umgesetzt werden. Damit ist die Reformbereitschaft größer, als viele erwartet hatten", sagt Rolf Drees, Leiter der Researchabteilung der WGZ Bank. Viele hatten gedacht, die Sparbeschlüsse sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Doch inzwischen liegen Spanien und Irland mit ihren Sparbudgets über Plan und auch in Griechenland kommen die Sparbemühungen trotz heftiger Widerstände sehr gut voran. "Fast alle südlichen Euro-Länder konnten erfolgreich Staatsanleihen begeben", sagt Intelmann. "Die Auflösung der Euro-Zone ist kein Thema mehr." Für eventuelle Probleme steht noch ein 750-Milliarden-Euro-Rettungspaket bereit.
Zusätzlich sorgen die guten Konjunkturdaten in Europa für Entspannung. "Wenn sich dieser Trend fortsetzt, wird Deutschland beim Wachstum eine Zwei vor dem Komma haben", sagt Intelmann. "Das ist viel besser, als man sich noch vor Wochen vorstellen konnte." Dagegen haben die volkswirtschaftlichen Daten in den USA zuletzt enttäuscht. "Das Verbrauchervertrauen und damit die Konsumbereitschaft kommen nicht in Gang, und es werden viel weniger neue Stellen geschaffen als erwartet", sagt Intelmann. Erst Ende 2012 werde die Arbeitslosenquote wieder den Wert von 7,5 Prozent unterschreiten. Die Schwäche der US-Wirtschaft ist damit ein Grund für den starken Euro. Experten fürchten zudem, dass die USA ihre Notenpresse anwirft, um die Konjunktur anzukurbeln. "Der Markt geht davon aus, dass die Fed unangemessen lange ihre expansive Geldpolitik fortsetzen wird", sagt Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank. Das sei schlecht für den Dollar.
Doch die Schwäche der US-Wirtschaft könnte auch Europa einholen. Die Währungsanalysten von Morgan Stanley weisen darauf hin, dass eine Abkoppelung Europas von der US-Wirtschaft sehr selten gelungen sei. Dann könnte die Erholung des Euro nur ein Zwischenhoch gewesen sein. Denn fundamentale Probleme der Euro-Zone sind nicht gelöst: Die Währung gelte für unterschiedliche Länder. Das funktioniere auf Dauer nur, wenn sich die Volkswirtschaften angleichen oder ein finanzieller Ausgleich zwischen den Staaten stattfindet. So erwartet die Commerzbank für Ende 2010 mit 1,28 Dollar wieder einen etwas schwächeren Euro-Kurs. Noch pessimistischer ist die Großbank BNP Paribas mit 1,15 Dollar im vierten Quartal. Auch Experte Drees ist sich sicher: "Früher oder später wird wieder eine Gegenbewegung einsetzen." Die Kaufkraftparität des Euro liegt ohnehin in der Spanne zwischen 1,15 und 1,25 Dollar. Dieser Wert gibt an, wie viel Waren und Dienstleistungen Menschen mit einer bestimmten Währungseinheit kaufen können.
Die Erholung des Euro war schlecht für Goldanleger. Wer noch vor einigen Wochen 1080 Euro für einen Krügerrand ausgab, erhält heute beim Verkauf nur 927 Euro, ein Verlust von 14 Prozent. Auch in Goldhandelshäusern wie Pro Aurum laufen die Geschäfte jetzt schwach. "Die Anleger machen Urlaub", sagt ein Sprecher. Aus Goldfonds in den USA wurden im Juli knapp 900 Millionen Dollar abgezogen, nachdem die Anleger noch sechs Milliarden Dollar im Mai in diese Produkte investiert hatten. Der Goldpreis fiel bis auf 1150 Dollar je Feinunze (31,10 Gramm). "Die großen Krisenherde sind aus dem Blick der Anleger verschwunden", sagt Thorsten Proettel, Edelmetallexperte der Landesbank Baden-Württemberg. Doch einen Absturz des Goldpreises erwartet er nicht. "Wenn der Goldpreis sinkt, sorgen die Schmuckkäufer für Nachfrage." Ende des Jahres rechnet er mit einem Goldpreis von 1250 Dollar für die Feinunze. Gestern wurde der Preis der Feinunze mit 1168 Dollar beim Fixing in London festgesetzt.