Der deutsche Staat erwirbt 7,5 Prozent des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS. Der geplante Einstieg könnte 1,2 bis 1,3 Milliarden Euro kosten.

Berlin/Paris. Die Bundesregierung erwirbt 7,5 Prozent der Airbus-Mutter EADS über die Frankfurter Staatsbank KfW. Das teilte das Bundeswirtschaftsministerium am Mittwoch in Berlin mit. Der geplante Einstieg könnte zwischen 1,2 und 1,3 Milliarden Euro kosten. Die Übernahme werde nicht vor dem 30. Juni 2012 erfolgen, weil zuvor das Übernahmerecht in den Niederlanden geändert werden muss. Der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern hat seinen offiziellen Sitz in Amsterdam. Er will am (morgigen) Donnerstag seine Neunmonatszahlen bekanntgeben.

Bei der Tranche handelt es sich um die Hälfte der Anteile, die Daimler noch an EADS hält. Der Stuttgarter Konzern besaß ursprünglich 22,5 Prozent der Anteile, versucht aber schon seit geraumer Zeit, sich davon zu trennen, weil er sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren will. Der augenblickliche Marktwert der 7,5 Prozent wurde auf „1,2 bis 1,3 Milliarden Euro“ beziffert.

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Interessenten dafür finden sich wegen hochkomplexer politischer Implikationen nur schwer, obwohl etwa Airbus als florierendes Unternehmen gilt. So hat Frankreich, das möglichst zu gleichen Teilen wie Deutschland am Konzern beteiligt sein soll, ein Vorkaufsrecht, und auch die Bundesregierung kann bestimmen, wer Aktien kaufen darf und wer nicht.

Eine erste Tranche wurde vor einigen Jahren bei einem Konsortium aus Staats-, Landes- und Privatbanken namens Dedalus bis 2013 „geparkt“. Daimler behielt aber die Unternehmensführerschaft. So soll es nach Angaben aus dem Ministerium auch über 2013 hinaus bleiben, wenn sich die Stuttgarter von der zweiten Tranche trennen.

Das niederländische Übergaberecht sieht nach Angaben des Ministeriums einen Zwang vor, bei Übernahme der 7,5 Prozent auch den gleich hohen Anteil, der vorerst bei Daimler verbleiben soll, zu übernehmen. Die Bundesregierung habe sich erfolgreich um eine Änderung dieses Rechts bemüht, die aber nicht vor dem 30. Juni nächsten Jahres in Kraft treten könne. Deshalb könne auch die Transaktion nicht vorher über die Bühne gehen.

Das Ministerium legte Wert darauf, dass die Devise der schwarz-gelben Koalition „Privat geht vor Staat“ trotz dieses Erwerbs weiter gelte. Ideal wäre eine privatwirtschaftliche Lösung, hieß es, diese sei aber kurzfristig schwierig zu realisieren. Es gehe nicht „um einen dauerhaften Verbleib“ der Anteile in Staatshand. Daimler habe zugesagt, den bei ihm verbleibenden 7,5-prozentigen Anteil über 2013 hinaus zu halten und die unternehmerische Führung weiter auszuüben.

EADS-Aktionärsstruktur mit politischer Brisanz

EADS mit seiner Flugzeugbau-Tochter Airbus ist Europas dominierender Luft- und Raumfahrtkonzern. Die börsennotierte Aktiengesellschaft European Aeronautic Defence and Space Company (EADS) umfasst die wichtigsten Flugtechnikanbieter Deutschlands, Frankreichs und Spaniens. Der Konzern entstand im Juli 2000 nach langem Tauziehen um Standorte und Produktionsanteile.

Nach einem 2007 vereinbarten Aktionärspakt darf der französische Staat nur 15 Prozent der EADS-Anteile besitzen. Zusammen mit dem Medienkonzern Lagardère kommt er auf 22,45 Prozent der EADS-Aktien, wobei die Anteile in der Gesellschaft Sogeade gebündelt sind. Der Chef der Mediengruppe, Arnaud Lagardère, will seine 7,5 Prozent der Anteile mittelfristig verkaufen, erhebt aber seinen Anspruch auf den Mitte 2012 freiwerdenden Chefposten im Verwaltungsrat des Konzerns.

Mit 22,45 Prozent ist auch die deutsche Seite an EADS beteiligt. Bisher hielt DaimlerChrysler 15 Prozent und ein Konsortium von Bundesländern, privaten und öffentlichen Banken 7,5 Prozent. Allerdings behielt DaimlerChrysler nach dem ausgehandelten Kompromiss

22,5 Prozent der Stimmrechte und blieb so größter stimmberechtigter EADS-Einzelaktionär. 7,5 Prozent der EADS-Anteile soll nun die Staatsbank KfW übernehmen, so dass sich der Daimler-Anteil auf 7,5 Prozent reduziert. Weitere 5,5 Prozent an EADS hält die spanische Staatsholding SEPI, der Rest der Anteile in Höhe von 49,6 Prozent liegt im Streubesitz.

Die deutschen, französischen und spanischen Haupteigentümer hatten sich bei der Gründung der EADS auf einen Pakt („Contractual Partnership“) verständigt, um das Unternehmen gegen feindliche Übernahmeversuche zu sichern und um das Heft bei dem Luftfahrt- und Rüstungskonzern in der Hand zu behalten. Die EADS hat ihren offiziellen Sitz in Amsterdam, in Paris und München sind die beiden Hauptzentren des Konzerns. Der Hauptsitz und die Zentrale der EADS-Tochtergesellschaft Airbus sind im französischen Toulouse angesiedelt. Hamburg wiederum ist der Sitz der deutschen Airbus-Tochtergesellschaft, die für die deutschen Werke zuständig ist.

Mit Material von dpa/dapd/reuters