Der Energieversorger RWE verhandelt weiterhin mit dem russischen Energieriesen Gazprom über langfristige Gasverträge.
Düsseldorf. Der Energieversorger RWE hält unbeirrt am Versuch fest, langfristige Gasverträge mit Gazprom neu zu verhandeln. Hintergrund sind gefallene Preise an den Großhandelsmärkten. Aufgrund eines Überangebots hatten sich die Preise von ihrer traditionellen Bindung an Erdölprodukte gelöst und waren gefallen. Die langfristigen Verträge hätten sich zulasten der Importeure entwickelt. Am vergangenen Freitag hatten sich RWE-Chef Jürgen Großmann und Gazprom-Chef Alexej Miller zu erneuten Gesprächen getroffen. Wie weit eine Annäherung stattgefunden habe, wollte RWE am Montag nicht sagen.
Mit Neuverhandlungen habe RWE bereits 2009 begonnen. Die Langfristverträge sähen auch die Möglichkeit außerplanmäßiger Verhandlungen vor, hatte Großmann im Frühjahr bestätigt. Kommt es zu keinem Kompromiss, müsste ein Schiedsverfahren eingeleitet werden. Ein Ende wäre dann nach RWE-Sicht erst 2012 oder 2013 zu erwarten. Dann könne RWE aber rückwirkend profitieren. Medien hatten zudem berichtet, Großmann und sein Strategiechef Leonhard Birnbaum hätten mit Gazprom über eine weitergehende Zusammenarbeit gesprochen. RWE habe die Chancen eines Einstiegs von Gazprom ausgelotet, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ am Montag unter Bezug auf Konzernkreise. Laut „Spiegel“ erwägt Großmann eine weitreichende Verknüpfung seines Konzerns mit Gazprom und halte auch eine strategische Beteiligung an RWE oder RWE-Töchtern und sogar eine Rolle der Russen als „Ankeraktionäre“ für denkbar.
Die Sprecher bezeichneten die Berichte als Spekulation. Klar ist aber, dass RWE nach dem vorgezogenen Ausstieg aus der Atomenergie Unternehmensteile verkaufen will und auch finanzkräftige Partner sucht, wie im Fall von Amprion. In die Tochtergesellschaft hat RWE das Höchstspannungsnetz ausgelagert. Der russische Energieriese Gazprom hatte erst Ende Juni öffentlich Pläne zum Einstieg in die deutsche Strombranche bekräftigt. „Wir beabsichtigen, uns auf dem attraktiven deutschen Markt an Projekten zum Bau von Kraftwerken zu beteiligen“, hatte Miller am 30. Juni auf der Jahresversammlung in Moskau gesagt.
Miller glaubt, dass die Gas-Nachfrage nach dem Atomausstieg deutlich steigen werde. Miller hatte schon früher konkretes Interesse am Einstieg in Projekte des Eon-Konzerns geäußert. Die Düsseldorfer, über ihre Tochter Eon Ruhrgas größter deutscher Gasimporteur, hatten Gespräche darüber aber nicht bestätigt. Großmann hatte im Interview mit der „Süddeutschen“ bereits gesagt, wenn Gazprom sich in Deutschland engagieren wolle, sei das in Ordnung. „Es steht jedem Unternehmen frei, einer deutschen Gesellschaft ein Übernahmeangebot zu machen. Deutschland sollte Gazprom nicht diskriminieren.“ Bislang hat dem Bericht zufolge die Bundesregierung aber alle Versuche russischer Investoren abgeblockt, bei Großkonzernen wie EADS, der Deutschen Telekom oder Infineon einzusteigen. (dpa)