Der EnBW-Einstieg der Ex-Landesregierung in Baden-Württemberg war verfassungswidrig. Landtagspräsident Willi Stächele unter Druck.

Stuttgart. Verfassungwidrig: Dieses Urteil kommt einer schallenden Ohrfeige für den ehemaligen Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Stefan Mappus, gleich. Der Einstieg beim Energieversorger EnBW war eines der Kernprojekte seiner früheren schwarz-gelben Landesregierung. Jetzt urteilt der Staatsgerichtshof in Stuttgart, dass das Vorgehen gegen die Verfassung verstoßen hätte. Doch nicht nur für Mappus ein schwerer Schlag, auch der damalige CDU-Finanzminister und heutige Landtagspräsident Willi Stächele gerät durch das Urteil in Bedrängnis. Grüne und SPD forderten ihn zum Rücktritt auf.

Das Problem: Die Regierung von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hätte das Milliarden-Geschäft Ende 2010 nicht am Landtag vorbei abwickeln dürfen, erklärte der Vorsitzende Richter Eberhard Stilz. Er gab damit Grünen und SPD recht. Am Kauf der EnBW-Aktien durch das Land ändere sich trotz des Urteils aber nichts, versicherte die grün-rote Koalition. Stächele hat laut Urteil die Verfassung verletzt, als er für den Aktien-Deal mit einem Volumen von knapp 4,7 Milliarden Euro ein Notbewilligungsrecht wahrnahm. Somit habe er das Haushaltsrecht des Landtags außer Kraft gesetzt. Das Budgetrecht des Parlaments sei aber ein „Kernelement der Gewaltenteilung“ und ein „wirksames Instrument der parlamentarischen Regierungskontrolle“.

Opposition fordert Rücktritt

„Wir erwarten, dass Herr Stächele von seinem Amt zurücktritt“, sagte Grünen-Fraktionsvize Hans-Ulrich Sckerl. Auch der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Andreas Stoch, betonte, Stächele könne nach dem Urteil nicht mehr glaubwürdig der „Hüter“ der Parlamentsrechte sein. Stächele lehnte die Rücktrittsforderungen ab: „Ich habe damals nach besten Wissen und Gewissen und zum Wohl des Landes entschieden“, sagte er den „Stuttgarter Nachrichten“ (Freitag) am Rand einer Dienstreise in Rumänien. Die Entscheidung zum Rückkauf der EnBW-Anteile sei damals „schwierig“ gewesen, aber „am nächsten Tag fraktionsübergreifend begrüßt worden“.

Mappus hatte sein Verfahren Ende 2010 damit gerechtfertigt, dass eine Vorab-Information ein Verstoß gegen das Aktienrecht gewesen wäre. Außerdem habe der französische Staatskonzern EDF als Verkäufer der Aktien darauf bestanden, dass es keinen Parlamentsvorbehalt gebe. Für die alte Regierung meinte Anwalt Klaus-Peter Dolde, die einzige Alternative sei gewesen: „Dann gibt es das Geschäft eben nicht.“

Stilz sagte dazu, solche Befürchtungen seien nicht prinzipiell von der Hand zu weisen. Wie das Land künftig die Entscheidungsfindung über derartige Geschäfte regele, sei Sache des Parlaments und nicht des Staatsgerichtshofs. Es gebe aber die Möglichkeit, ein Gremium des Landtags zu schaffen – vergleichbar mit dem Ausschuss des Bundestags zu den Geheimdiensten -, das solche Geschäfte unter größter Geheimhaltung beraten könne. Auch der Finanzausschuss könne dafür zuständig sein, regte der Richter an.

(abendblatt.de/dpa)