Die Dominanz der vier AKW-Betreiber E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall könnte nach der Energiewende sogar vorübergehend noch steigen.
Bonn. Das Bundeskartellamt hat nach der Atomwende vor teureren Strompreisen und einer Schwächung des Wettbewerbs gewarnt. „Möglicherweise gibt es höhere Preise“, sagte Behördenchef Andreas Mundt am Donnerstag vor Journalisten in Bonn. Er wolle über die Höhe nicht spekulieren. „Der Markt spricht dennoch eine relativ deutliche Sprache.“ Mundt verwies auf die zuletzt deutlich gestiegenen Großhandelspreise für Strom. Durch das sofortige Aus für acht der 17 deutschen Atomkraftwerke werde das Angebot knapper mit negativen Folgen für den Wettbewerb.
Nach Mundts Einschätzung könnte die Dominanz der vier AKW-Betreiber E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall sogar vorübergehend noch zunehmen. Vor allem die Geschwindigkeit, mit der die AWK vom Netz genommen wurden, sei bedenklich. „Das ist zumindest kurzfristig auch ein Wettbewerbsproblem, weil hier natürlich erhebliche Kapazitäten vom Markt genommen worden sind.“ Es werde einige Zeit dauern, ehe neue Anlagen diese Lücke schließen könnten. Wenn es beispielsweise im Herbst darum gehen würde, Kraftwerke als Kaltreserve in Betrieb zu halten, könnten gerade Anlagen der vier Energieriesen dafür infrage kommen. „Wir fürchten, dass die Marktmacht der großen vier ganz kurzfristig noch ein bisschen steigen wird.“
Mundt warnte vor einer Überregulierung in der Energiewende. Wenn von staatlichen Stellen festgelegt würde, wer welches Kraftwerk wo baue und mit welcher Kapazität, hätte das mit Marktwirtschaft nicht mehr soviel zu tun. Hinzu komme die Frage, ob die Anlagen ausgeschrieben würden. „Das sind alles Punkte, die müssen jetzt geklärt werden, und da werden wir uns einbringen“, kündigte der Kartellamtschef an. Mittelfristig schätze er die Chancen für Wettbewerb auf dem deutschen Strommarkt allerdings nicht schlecht ein. Dies gelte, wenn die erneuerbaren Energien – und damit die dezentrale Erzeugung - eine größere Rolle spielten und sich neue Anbieter etablierten.
MUNDT: WÜRDEN EINSTIEG VON GAZPROM ODER NOVATEK PRÜFEN
Der Wettbewerbshüter bekräftigte, dass eine Partnerschaft von RWE mit dem russische Gazprom-Konzern genau geprüft werden müsse. „Beide Unternehmen sind in Deutschland marktmächtig.“ Gas spiele in den Plänen der Bundesregierung eine bedeutende Rolle. Bislang sei aber unklar, wie die Zusammenarbeit der Konzerne aussehen könnte und ob das Kartellamt oder die EU-Kommission zuständig sei. Eine Voranfrage der Unternehmen gebe es bislang nicht. Dies gelte auch für einen möglichen Einstieg des russischen Gaskonzerns Novatek bei der ostdeutschen Ferngasgesellschaft VNG. Auch dies würde man sich aber ganz genau anschauen.
RWE-Chef Jürgen Großmann hatte kürzlich angekündigt, eine strategische Partnerschaft mit Gazprom zu prüfen. Dabei geht es um die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens im Kraftwerksbereich in Deutschland, Großbritannien und den Benelux-Staaten. Die Konzerne haben sich drei Monate Zeit gegeben. Ein Einstieg von Novatek – nach Gazprom der größte Gaskonzern Russlands – bei VNG ist ebenfalls noch nicht beschlossen. Reuters hatte von zwei mit der Angelegenheit vertrauten Personen erfahren, dass der Karlsruher Versorger EnBW den Russen einen Anteil an der VNG angeboten hat. Der unter einem schwachen Gasgeschäft leidende EnBW-Konzern hat eine Option auf 48 Prozent der VNG-Anteile.