Deutschlands führende Container-Linienreederei fährt weiter Verluste ein. TUI-Konzern prüft “alle Optionen“ für einen Ausstieg.
Hamburg. Am Schifffahrtsmarkt zeichnet sich die nächste Krise ab. Deutschlands führende Container-Linienreederei Hapag-Lloyd in Hamburg meldete gestern auch für das zweite Quartal 2011 einen Nettoverlust. Er beträgt 10,6 Millionen Euro. Für das erste Halbjahr steigt der Gesamtverlust damit auf rund 33 Millionen Euro.
+++Furcht vor neuer Schifffahrtskrise+++
Und die Perspektiven für die Branche sind eher düster: "Wir werden noch ein bis zwei Jahre sehr schwierige Zeiten in der Schifffahrt haben", sagte Wolfgang Driese, Chef der DVB Bank in Frankfurt, die auf Schiffsfinanzierungen spezialisiert ist. Seit Anfang 2011 steht der Markt vor allem auf den wichtigsten Routen zwischen Europa und Asien erneut unter Spannung. Speziell im Segment der Großschiffe mit mehr als 10 000 Containereinheiten (TEU) Ladekapazität kommen viele neue Frachter in Betrieb. Die führenden Container-Linienreedereien Maersk, MSC und CMA CGM erhöhen mit diesen sehr wirtschaftlich fahrenden Schiffen den Wettbewerbsdruck. Hapag-Lloyd dagegen setzt erst von Juli 2012 an Frachter mit mehr als 10 000 TEU Kapazität ein.
+++Kommentar: Am Ende müssen die Eigner helfen+++
Heikel ist das für die Hamburger Reederei, weil im Kreis ihrer Eigner wichtige Änderungen anstehen. Der Touristikkonzern TUI in Hannover will seinen Anteil von 38,4 Prozent verkaufen. Als Optionen nennt TUI einen Börsengang, den Verkauf von Anteilen an einen oder mehrere strategische Investoren sowie ein Andienungsrecht an das Hamburger Konsortium Albert Ballin. Diese Investorengruppe um den Unternehmer Klaus-Michael Kühne und die Stadt Hamburg hält 61,6 Prozent der Hapag-Lloyd-Anteile. "Wir schauen uns weiter alle Optionen für einen Ausstieg bei Hapag-Lloyd an", sagte TUI-Finanzvorstand Horst Baier gestern in Hannover. DVB-Chef Wolfgang Driese räumt einem Börsengang aber praktisch keine Chancen ein: "Die Märkte sind für Börsengänge - vor allem in zyklischen Branchen wie der Schifffahrt - kaum noch aufnahmefähig."
Damit wächst der Druck auf das Konsortium Albert Ballin. Anfang 2012 kann TUI der Hamburger Investorengruppe seine Anteile an Hapag-Lloyd andienen. Wenn das Konsortium die Anteile jedoch nicht übernimmt, etwa aus Geldmangel, steht es TUI von Oktober 2012 an frei, an andere Investoren zu verkaufen. Das Problem dabei für Albert Ballin: TUI kann dann die Mehrheit von 50 Prozent plus einer Aktie verkaufen - das Hamburger Konsortium müsste einige seiner eigenen Anteile abgeben, um einem neuen Investor die Mehrheit zu verschaffen. Das könnte dem Ziel von Albert Ballin zuwiderlaufen, die Eigenständigkeit von Hapag-Lloyd in Hamburg zu erhalten.
Im zweiten Quartal 2011 sei die Ertragslage "vor allem durch eine sich abschwächende Frachtrate sowie signifikant steigende Brennstoffkosten" belastet worden, teilte die Reederei mit. Frachtraten sind die Transportpreise für die Container. Auch die Folgen der Katastrophe in Japan sowie der schwache Dollar hätten das Ergebnis gedrückt, hieß es. Die Frachtraten werden in Dollar berechnet. Hapag-Lloyd war 2008 und 2009 durch die Weltwirtschaftskrise in Bedrängnis geraten. Straffe Rationalisierung und der Wiederaufschwung des Welthandels hatten der Reederei 2010 allerdings ihr bisher bestes Ergebnis beschert.