10.000 Arbeitsplätze könnten wegfallen. Der Betriebsratschef zeigte sich „geschockt und enttäuscht“. Verdi kritisiert Informationspolitik.

Düsseldorf/Frankfurt. Deutschlands größter Energiekonzern E.on will nach dem beschleunigten Atomausstieg offenbar die Axt anlegen. Das Unternehmen erwäge die Streichung von bis zu 10.000 Stellen weltweit, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ am Wochenende - das wären mehr als zehn Prozent der gesamten Belegschaft. Damit würde der Umbau des Konzerns deutlich härter ausfallen als bisher bekannt – zuletzt war in Medienberichten nur von der Streichung einiger hundert Stellen die Rede.

E.on wollte den Bericht nicht kommentieren, bekräftigte allerdings die Aussagen der vergangenen Tage. „Vor dem Hintergrund der veränderten Rahmenbedingungen prüft E.on derzeit mögliche Anpassungen der Strategie und der Aufstellung des Unternehmens“, sagte ein Sprecher am Samstag. „Entscheidungen sind aber noch nicht gefallen.“

Konzernbetriebsratschef Hans Prüfer ist empört. „Ich bin geschockt und enttäuscht, was in den Medien gestreut wird“, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. „Der Vorstand muss dringend für Klarheit sorgen. Der Vorstand muss seine Pläne auf den Tisch legen.“ Der Aufsichtsrat soll laut „SZ“ möglicherweise bereits auf der zweitägigen Sitzung am Montag und Dienstag über die Abbaupläne informiert werden. Etwa ein Drittel der Stellenstreichungen könnten dabei auf Deutschland entfallen.

„Bis jetzt ist das alles reine Spekulation“, sagte Verdi-Energieexperte Sven Bergelin, der auch im Aufsichtsrat von E.on sitzt, zu Reuters. „Die Informationspolitik des Vorstands ist katastrophal. Wir werden daher auch Konsequenzen fordern“, kündigte er an. Nähere Angaben machte er dazu nicht.

Konzernbetriebsratschef Prüfer hatte bereits am Freitag Alarm geschlagen und erklärt, E.on-Chef Johannes Teyssen treibe einen radikalen Umbau des Versorgers voran. Aus dem Management sei verlautet, dass der Vorstand die Gesellschaften E.on Ruhrgas in Essen, E.on Kraftwerke in Hannover und E.on Energie in München auflösen wolle. Bei den drei Unternehmen sind Tausende Mitarbeiter beschäftigt. Insgesamt hat E.on in Deutschland rund 35.000 Mitarbeiter. Beim geplanten Arbeitsplatzabbau werde in den schlimmsten Szenarien von einer fünfstelligen Zahl betroffener Jobs ausgegangen, berichtete die „SZ“ unter Berufung auf Gewerkschaftskreise. Ein Personalabbau im vierstelligen Bereich gelte als wahrscheinlich.

E.on legt in der kommenden Woche wie der zweitgrößte deutsche Versorger RWE Zahlen für das zweite Quartal vor. Analysten rechnen bei beiden Konzernen mit Gewinneinbrüchen und der Rücknahme der Prognosen. Zuvor steht auch bei RWE am Montag eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung an, bei der über die Suche nach einem neuen Konzernchef, eine mögliche Kapitalerhöhung und Beteiligungsverkäufe diskutiert werden soll.

Konkurrent E.on macht vor allem die Abschaltung seiner ertragsreichen Atomkraftwerke Isar 1 und Unterweser zu schaffen. Das Gasgeschäft, in dem Ruhrgas jahrelang für Milliardengewinne sorgte, leidet unter ungünstigen Verträgen mit Lieferanten wie dem russischen Konzern Gazprom. Nach einer Einkaufstour unter Teyssens Vorgänger Wulf Bernotat sitzt das Unternehmen zudem auf einem milliardenschweren Schuldenberg.

(rtr/abendblatt.de)