Nur acht von 90 Banken fallen durch. Laut Schäuble bestehe kein Handlungsbedarf für Deutschland. Experten stellen die Tests infrage.

Frankfurt. Die meisten europäischen Banken scheinen für künftige Finanzkrisen gewappnet. Ein mit Spannung erwarteter Stresstest der Aufsichtsbehörden deckte bei nur acht von 90 Instituten einen Kapitalmangel auf, und zwar von insgesamt 2,5 Milliarden Euro. Experten hatten mit doppelt so vielen Banken gerechnet, die einer Rezession und einem Einbruch an den Aktien- und Anleihenmärkten nicht standhalten können. Von den 13 getesteten deutschen Banken wäre einzig die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) nach den Kriterien der europäischen Bankenaufsicht EBA nicht durchgekommen. Doch das Institut hatte sich im Streit mit der Behörde in letzter Minute selbst von der Untersuchung ausgeschlossen. Schon kurz nach Bekanntgabe am Freitagabend bezweifelten Experten und Bankenvertreter, dass der Test inmitten der Euro-Schuldenkrise das Vertrauen in die Finanzbranche wieder herstellen kann.

Aufseher und Politiker sprachen dagegen von positiven Signalen für die Stabilität europäischer Banken. Die EU-Kommission erklärte, die Institute seien stärker als in der Vergangenheit. „Der deutsche Bankensektor hat seine Widerstandsfähigkeit bewiesen“, betonte auch Raimund Röseler, neuer Leiter Bankenaufsicht bei der deutschen Aufsichtsbehörde BaFin. Aus Deutschland bestanden die Deutsche Bank und Commerzbank klar.

Die Landesbanken HSH Nordbank und NordLB kamen dagegen nur knapp durch. Eigentlich müssen diese Institute laut EBA ihre Kapitalpuffer stärken. Doch die beiden Häuser haben bereits Maßnahmen angekündigt, wie sie ihre Kapitalausstattung verbessern. Daher sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble: „Für Deutschland sind keine weiteren Anpassungen erforderlich.“ Auch Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Lautenschläger sieht keinen unmittelbaren Handlungsbedarf nach dem Stresstest. Die Helaba konnte die EBA mit ihren geplanten Maßnahmen nicht überzeugen, was für großes Unverständnis in der deutschen Politik und Bankenbranche sorgte.

Der Internationale Währungsfonds begrüßte die Stresstests, forderte aber weitergehende Schritte. Auch die Schwächen bei Instituten, die nur knapp bestanden hätten, müssten angegangen werden, erklärte der IWF. Es sei wichtig, die Kapitalpolster zu vergrößern.

Unter den Banken, die durchgefallen sind, ist die Österreichische Volksbanken AG. Sie wäre aber nach eigenen Angaben durchgekommen, wenn jüngste Beteiligungsverkäufe schon gezählt hätten. Daneben sind fünf kleinere spanische Häuser und zwei griechische Institute – die ATEbank und die Eurobank EFG – gescheitert. Nach Angaben der spanischen Notenbank braucht kein Geldhaus des Landes eine Kapitalerhöhung. Laut EBA wären ohne Berücksichtigung von Kapitalstärkungen in den ersten vier Monaten 2011 insgesamt 20 Banken durch den Test gefallen.

Maßstab für die EBA im zweiten großen Banken-Stresstest ist die harte Kernkapitalquote, die nur Aktionärskapital und Gewinnrücklagen berücksichtigt. Die so definierte Kapitalausstattung darf auch in einem Szenario mit einer zwei Jahre dauernden Rezession, einbrechenden Aktienkursen und steigenden Zinsen nicht unter fünf Prozent sinken. Im vergangenen Jahr war die Hürde mit sechs Prozent höher, damals durften die Teilnehmer aber auf Kapitalformen wie Genusscheine und stille Einlagen bauen.

Während des Tests wurde immer wieder kritisiert, dass sich die Politik zu stark eingemischt habe. So galt das Szenario einer Staatspleite Griechenlands als Tabu. Die Teilnehmer müssen in dem Stresstest nur 15 Prozent auf ihre griechischen Staatsanleihen abschreiben. In der Realität notieren sie bis zu 50 Prozent unter den Buchwert. Laut EBA halten die untersuchten griechischen Banken zwei Drittel der griechischen Staatsanleihen, neun Prozent liegen bei deutschen Häusern. „Da wurde eine große Chance für glaubwürdige Tests vertan“, kritisierte Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance & Management. „Mit nur acht Durchfallern kann kein Vertrauen wiederhergestellt werden“, sagte Michael Symonds, Kreditanalyst von Daiwa Capital Markets. Andere Experten sprachen von einem PR-Gag ohne große Bedeutung.

Sparkassen-Präsident Heinrich Haasis monierte, der Test trage nur unzureichend zur Vertrauensbildung bei. Einige gesunde Institute seien „künstlich krankgeredet“ worden, erklärte er unter anderem mit Blick auf die Helaba. Schon vor einem Jahr war die Glaubwürdigkeit des Tests in Zweifel gezogen worden. Damals fielen nur sieben von 91 Instituten durch, darunter der Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate. Nur kurze Zeit später kollabierten irische Banken, obwohl sie den Test bestanden hatten. Der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, Michael Kemmer, warnte daher davor, die Ergebnisse überzubewerten.

Der wahre Wert des Stresstests liegt für viele Kapitalmarktexperten in der Transparenz: Rund 3000 Daten muss jede Bank veröffentlichen – von der Laufzeit all ihrer Staatsanleihen bis zu einer Ergebnisvorausschau für dieses und das kommende Jahr. 2010 waren es nur 100 Daten. Kritiker halten auch das für gefährlich, da es einige Häuser zum Ziel von Spekulanten machen könnte. „Es ist durchaus möglich, dass sich jemand sehr genau anschaut, wo eine Bank ihre Schwachpunkte hat, und möglicherweise auch dagegen spekuliert“, sagte Kemmer. (rtr/abendblatt.de)