Heute werden die Ergebnisse des Banken-Stresstest veröffentlicht. Eine Landesbank wird voraussichtlich nicht bestehen.
Frankfurt. Heute will die Europäische Bankenaufsicht (EBA) die Ergebnisse des Banken-Stresstestes vorlegen. 91 Kreditinstitute wurden getestet. Schon im Vorfeld wurde bekannt, dass die Die Landesbank Hessen-Thüringen wahrscheinlich durchgefallen ist. Schon bevor Einzelheiten veröffentlicht wurden, kommt es zu Kritik an dem Test. So zeigt sich der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, Michael Kemmer, besorgt über eine detaillierte Veröffentlichung der jüngsten Ergebnisse. „Es wäre sehr sinnvoll, wenn die Bankenaufsicht im Einzelnen mit jeder Bank über das Ergebnis des Stresstests sprechen würde und die ganzen Dinge nicht auf dem offenen Markt ausgetragen werden“, sagte Kemmer.
Er befürchtet, dass es aufgrund der Komplexität des ganzen Situation nicht zu einem angemessenen Umgang mit den Informationen kommen wird. Individuelle Aussagen über einzelne Institute könnten den Markt überfordern und Spekulationen anheizen. „Das ist etwas, das halten wir nicht für sehr glücklich.“ Unterm Strich glaube er aber schon, dass die Ergebnisse des Stresstests den Gesamtmarkt stabilisieren werde.
Im Vorfeld sickerte durch, dass ausgerechnet das Vorzeigeinstitut Helaba überraschend als einzige deutsche Bank durchgefallen sei. Die Nachricht trifft die öffentlich-rechtlichen Institute zur Unzeit: Vier Jahre nach dem Ausbruch der Finanzmarktkrise sind die meisten der acht deutschen Landesbanken Großbaustellen. Das einstige Flaggschiff WestLB wird zerschlagen, die ebenfalls massiv gestützten Landesbanken von Baden-Württemberg (LBBW), Hamburg/Schleswig-Holstein (HSH Nordbank) und Bayern (BayernLB) bekamen eine Schrumpfkur verordnet. Die Verkaufslisten – von Luxusjacht bis Immobilien gleichen einem Sommerschlussverkauf.
Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) wird ihre Ergebnisse aus dem jüngsten Banken-Stresstest auf jeden Fall veröffentlichen. „Wir haben nie daran gedacht, die Veröffentlichung zu unterlassen“, betonte ein Sprecher des Instituts am Freitag in Frankfurt. „Ganz im Gegenteil: Wir werden unsere Daten heute um 18.00 Uhr auf unserer Internetseite veröffentlichen.“
Es sei mitnichten so, dass die Helaba ihr Abschneiden in dem Krisentest von 91 europäischen Banken unter Verschluss halten wolle, wie es der Vorsitzende der FDP-Gruppe im Europaparlament, Alexander Graf Lambsdorff, am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ unterstellt hatte.
Wegen eines Streits um die Anerkennung bestimmter Kapitalpositionen hatte die Helaba der EBA allerdings untersagt, andere Daten zu veröffentlichen als die von der Bank gemeldeten. Weil die EBA Stille Einlagen im Fall der Helaba überraschend doch nicht anerkennen will, würde die Bank nach den EBA-Kriterien bei dem Stresstest durchfallen.
Die Bank war daher am Mittwoch an die Öffentlichkeit gegangen und hatte erklärt – gestützt von der deutsche Bankenaufsicht – sie verfüge auch im schärfsten Szenario des Krisentests über ausreichend Kapital. Die harte Kernkapitalquote liege im Stresszenario Ende 2012 mit 6,8 Prozent deutlich über dem von der EBA festgelegten Mindestwert von 5,0 Prozent.
Hartes Kernkapital ist ein Puffer für Krisenzeiten. Dazu zählen nach den neuen Eigenkapitalregeln (Basel III), die der Stresstest vorwegnimmt, Aktien und Gewinnrücklagen. Stille Einlagen müssen bei etwaigen Verlusten voll herangezogen werden, um als hartes Kapital anerkannt zu werden. Darum entschlossen sich die Eigentümer mehrerer Landesbanken, Stille Einlagen entsprechend umzuwandeln. Auch das Land Hessen gab für die 1,92 Milliarden Euro im Fall der Helaba dazu eine verpflichtende Erklärung gegenüber der Aufsicht ab.
Hintergrund
Das Krisenszenario der Stresstests
Der Test der Europäischen Bankenaufsicht EBA setzt die Banken unter Stress. Simuliert werden Katastrophenszenarien wie ein Konjunktureinbruch und Turbulenzen an den Finanzmärkten. „Es geht darum, die Widerstandskraft der europäischen Banken gegen hypothetische Schocks von außen zu prüfen“, schreiben die Bankenaufseher. Die Kriterien sind schärfer als bei der letzten großen Runde 2010. Auch unter der schlimmsten Annahme müssen die Geldhäuser eine harte Kernkapitalquote von 5 Prozent schaffen – sonst sind sie durchgefallen. Wer nur knapp besteht, wird von den Aufsehern verschärft beobachtet.
KRISENSZENARIO 1: Die negative Annahme erstreckt sich über zwei Jahre. Sie unterstellt, dass die Wirtschaft in den 17 Euro-Ländern 2011 um 0,5 Prozent und 2012 um 0,2 Prozent schrumpft. Aktien brechen um 15 Prozent ein, die Banken müssen für frisches Geld 1,25 Prozent mehr Zinsen zahlen und die Immobilienmärkte liegen darnieder. Die Arbeitslosigkeit steigt auf 10,3 Prozent. Auf globaler Ebene geht von den USA ein Schock aus, der Dollar verliert nominal vier Prozent an Wert. Deutsche Staatsanleihen – die die Banken in ihren Handelsbüchern haben – büßen 3,5 Prozent an Wert ein, griechische 13,1 Prozent, portugiesische 19,8 Prozent. Dies alles macht den Banken das Geschäft schwer.
KRISENSZENARIO 2: Die EBA simuliert im härteren Szenario die Auswirkungen eines Wachstumseinbruchs im Euro-Raum über zwei Jahre von insgesamt 4 Prozent. Für Deutschland wird ein Minus von 4,6 Prozent unterstellt. Gleichzeitig nimmt der Test einen scharfen Anstieg des Leitzinses an – dies ist sehr ungewöhnlich in einer Rezession, weil die Zentralbank dann normalerweise die Zinsen senkt, damit günstige Kredite Investitionen und Konsum anschieben. Ob eine Bank den Test besteht, entscheidet sich am Abschneiden im Krisenszenario 2.
UMSCHULDUNG: Die Bankenaufseher hatten aus politischer Rücksichtnahme zunächst darauf verzichtet, den Staatsbankrott eines Euro-Landes zu simulieren. Das führte zu scharfer Kritik. Deshalb wurde die schlechtere Kreditwürdigkeit Griechenlands – als Folge der Herabstufung durch Ratingagenturen – später doch noch berücksichtigt. Es muss eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 36 Prozent angenommen werden. Auch für Staatsanleihen der wackelnden Euro-Länder Portugal und Irland werden einstellige Prozentsätze eingerechnet.
VERGLEICH: Würde man den Stresstest auf die Finanzlage eines Verbrauchers übertragen, könnte er so aussehen: Es würde geprüft, ob Einnahmen, Ersparnisse oder Versicherungsschutz auch dann ausreichen, wenn Auto und Waschmaschine gleichzeitig kaputtgehen, der Arbeitgeber Pleite geht und ein neuer Job erst in einem Jahr gefunden wird.
(abendblatt.de/dpa)