Frankreichs Finanzministerin Lagarde zur Nachfolgerin von Strauss-Kahn ernannt. Sie will IWF reaktionsschneller und effizienter machen.

Washington. Die französische Finanzministerin Christine Lagarde wird die erste Frau an der Spitze des seit 60 Jahren bestehenden Internationalen Währungsfonds (IWF). Lagarde wurde am Dienstag vom 24-köpfigen Verwaltungsrat einstimmig zur neuen geschäftsführenden Direktorin des IWF gewählt. Die 55-Jährige tritt damit die Nachfolge von Dominique Strauss-Kahn an, der im vergangenen Monat nach Vergewaltigungsvorwürfen zurückgetreten war. „Ich fühle mich geehrt durch das in mich gesetzte Vertrauen“, teilte Lagarde nach der Abstimmung in einer Stellungnahme mit. „Ich möchte den Mitgliedern des Fonds auf das Herzlichste für die breite Unterstützung danken, die mir zuteilwurde.“

Der mexikanische Zentralbankgouverneur Agustín Carstens gratulierte seiner Konkurrentin Lagarde. Er begrüße ihre Wahl und werde die Französin unterstützen, teilte Carstens in einer Stellungnahme mit. Er hoffe, Lagarde werde an der Spitze des IWF einen „Prozess zur Stärkung der Institution“ anstoßen, hieß es in dem Schreiben weiter. Carstens war bei der Wahl zum geschäftsführenden IWF-Direktor der einzige Konkurrent der französischen Finanzministerin. Nachdem sich am Dienstag die USA öffentlich hinter die Französin gestellt hatten, war ihre Wahl ausgemachte Sache. Die Französin verfüge über „außergewöhnliches Talent und große Erfahrung“, die für den IWF in der derzeitigen Situation von unschätzbarem Wert sei, sagte US-Finanzminister Timothy Geithner. So fiel die Entscheidung schon nach wenigen Stunden, zwei Tage vor der eigentlichen Frist.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat die die Nominierung von Christine Lagarde als neue IWF-Chefin ebenfalls positiv bewertet. In einer Mitteilung lobte Barroso am Dienstagabend die „Expertise, Erfahrung und das Talent“ Lagardes. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die EU-Kommission hätten in den vergangenen Monaten Tag für Tag zusammengearbeitet, um den Euro-Staaten mit Schwierigkeiten zu helfen. „Ich wünsche mir, diese engen Beziehungen und die Kooperation zu verstärken“, sagte Barroso.

Bei ihrer Kandidatur erhielt Lagarde neben den USA auch Unterstützung aus Europa, China, Russland und Brasilien. Carstens Kandidatur hingegen war selbst von vielen Entwicklungsländern nicht unterstützt worden. Die 55-Jährige galt daher als Favoritin für den Chefposten, der seit der Gründung des IWF stets von einem Europäer gehalten wurde.

Lagarde soll am 5. Juli antreten, ihre erste Amtszeit dauert fünf Jahre. Die designierte IWF-Chefin bekräftigte nach ihrer Wahl, den eingeschlagenen Reformweg der Organisation weitergehen zu wollen. „Ich werde es zu meinem übergeordneten Ziel machen, dass unsere Institution weiter allen Mitgliedern mit der selben Aufmerksamkeit und in dem selben Geist dient“, sagte sie laut einer Mitteilung. Der IWF müsse „reaktionsschneller, effizienter und legitimer werden“. Außerdem will Lagarde auch den Schwellenländern entgegenkommen, die auf mehr Einfluss in dem Fonds pochen. Der Plan könnte dazu führen, dass Lagarde vorerst die letzte Europäerin wird, die den IWF als „Managing Director“ leitet. Doch auf ihrer Bewerbungs-Tournee, die sie in den vergangenen zwei Wochen ein Mal um den Globus trieb, gewann sie damit das Vertrauen aller IWF-Partner.

Außerdem will sie die von Strauss-Kahn eingeleitete Reform zu Ende führen. Strauss-Kahn war im Mai wegen des Vorwurfs sexueller Übergriffe gegen ein New Yorker Zimmermädchen festgenommen worden und hatte schließlich sein Amt niedergelegt. Seitdem führte sein Stellvertreter John Lipsky die Geschäfte des Währungsfonds.

Lagarde bedankte sich bei allen, die ihre Kandidatur unterstützt hatten, und sprach dem unterlegenen Bewerber Carstens ihren Respekt aus. „Ich bin tief berührt von dem Vertrauen, dass der Verwaltungsrat mir entgegengebracht hat.“ Ein Stolperstein könnten für sie jedoch mögliche Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs sein. Die französische Justiz will darüber im Juli entscheiden.

Auf Lagarde warten nun schwierige Aufgaben: In Europa sieht sie sich der schweren Schuldenkrise in Griechenland gegenüber, weltweit muss sie sich mit den immer selbstbewusster auftretenden Schwellenländern auseinandersetzen und im eigenen Haus wird von ihr erwartet, den IWF nach dem skandalösen Abgang ihres Vorgänger wieder in ruhigeres Fahrwasser zu steuern.

Der Währungsfonds ist in der weltweiten Finanzkrise zu einem der wichtigsten Krisenhelfer aufgestiegen. Bei der Bewältigung der Euro-Schuldenkrise spielt er eine bedeutende Rolle. Mit den Europäern schnürte der Fonds Milliarden-Rettungspakete für die Schuldensünder Griechenland, Irland und Portugal. Außerdem entsendet er Teams in Schuldnerländer, die deren Fortschritte überprüfen.

Mit Material von dpa/dapd