Die neuen Fahrzeuge sollen aus Karbon bestehen und 2013 auf den Markt kommen. Über den Preis schweigen die Münchner bislang noch.
München. Bisher führen Elektroautos in Deutschland ein Schattendasein. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres werden bundesweit voraussichtlich nur rund 200 Elektroautos neu zugelassen. Doch nun setzt BMW zum großen Sprung in diesen Markt der Zukunft an.
Zwei Elektromodelle wollen die Münchner ab 2013 auf den Markt bringen: den BMW i3 und den BMW i8. Der bayerische Autobauer nimmt damit drei ziemlich ehrgeizige Ziele zugleich ins Visier: Mit der i-Klasse will er im Bereich Kleinwagen und Elektroautos punkten, denn die E-Mobile werden in der unteren Fahrzeugliga mitspielen. Und nebenher revolutionieren die Münchner die Automobilfertigung. Denn die neue BMW-i-Klasse besteht aus leichtem Karbon, kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK). Dieses Material wird bislang im Rennsport oder in der Luft- und Raumfahrttechnik eingesetzt, aber nicht in der automobilen Serienfertigung. BMW versucht sich an einem ebenso innovativen wie riskanten Projekt. Karbon als Werkstoff bietet gerade für Elektroautos viele Vorteile - und stellt die Ingenieure vor einige ganz entscheidende Probleme.
Monatelang hatten die Münchner nahezu jedes Detail zu den neuen Stromautomobilen sorgsam gehütet und nicht einmal mögliche Namen der Elektroautos preisgegeben. Nun gibt man sich in der Konzernzentrale selbstbewusst: "Mit dem BMW i bricht für die Automobilindustrie eine neue Ära an", sagte Vertriebsvorstand Ian Robertson anlässlich der Präsentation der i-Reihe.
An Elektrofahrzeugen arbeiten derzeit alle deutschen Automobilhersteller fieberhaft, um den Rückstand zu den Franzosen und Japanern aufzuholen. Im nächsten und darauf folgenden Jahr kommt Daimler mit dem E-Smart, Volkswagen bringt den UP und den Elektro-Golf. BMW geht aber einen anderen Weg als die Wettbewerber: "Wir bauen maßgeschneiderte Autos für den Elektroantrieb", sagt BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Draeger. Bislang starten Autobauer nach einem ganz einfachen Prinzip ins Elektrozeitalter: "Sie nehmen ein Fahrzeug aus der bestehenden Modellpalette, suchen einen Platz für die Batterie und hängen die rein. Das kann auf Dauer kein Erfolg sein", sagt Autoexperte Stefan Bratzel.
E-Fahrzeuge nach diesem Prinzip sind schwer, im Innenraum ist aufgrund der großen Batterie verhältnismäßig wenig Platz. BMW versucht es nun andersherum: Erst wurde ein ultraleichtes Autos entwickelt, dessen Fahrgestell aus Aluminium besteht, die Fahrgastzelle aus Karbon. "Damit sparen wir pro Fahrzeug rund 300 Kilo Gewicht ", sagt Draeger. 300 Kilo, die die ohnehin im Vergleich zu Verbrennungsmotoren auch mittelfristig noch leistungsschwachen Batterien nicht zusätzlich bewegen müssen. Das soll dem E-Mobil den nötigen Schub geben.
Der Bau der i-Klasse ist ein Megaprojekt, dem zehn Jahre Forschung vorangegangen sind und das Millionen verschlingt. Der BMW i3 und der i8 werden im BMW-Werk Leipzig produziert. Den nötigen Werkstoff bekommt BMW vom Wiesbadener Spezialchemiekonzern SGL Carbon. Mit dem haben die Münchner ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet, das derzeit im US-Bundesstaat Washington für 100 Millionen Euro ein Faserwerk aufbaut. SGL soll den Münchnern Karbon in der nötigen Qualität zu bezahlbaren Preisen liefern. "Wir sichern uns Rohstoffe zu wettbewerbsfähigen Konditionen", sagte Konzernchef Norbert Reithofer nach Gründung des Joint Ventures mit SGL. Nun muss es den Ingenieuren noch gelingen, mit dem schwierigen Werkstoff in der Produktion zurechtzukommen.
Karbon hat gegenüber bisherigen Materialien viele Vorteile: Es ist härter als Stahl und halb so schwer wie Aluminium. Allerdings sind die Herstellungskosten extrem hoch, und die Verarbeitung der Fasern ist kompliziert. Die CFK-Fasern aus den USA werden in den BMW-Werken Wackersdorf und Landshut weiterverarbeitet, in Harz gegossen, gehärtet und geformt. Ist dieser Arbeitsschritt abgeschlossen, kann an dem Material, im Gegensatz zu Stahl, praktisch nichts mehr geändert werden. Zweites Problem: Karbon verformt sich beim Aufprall nicht, sondern splittert.
BMW schreckt das nicht: "Wir sehen uns in der Entwicklung so weit, dass wir die Fertigungsprozesse und Kosten im Griff haben", sagte Finanzvorstand Friedrich Eichiner jüngst. Nur über die Kosten für die Kunden will BMW bislang nicht sprechen. "Über den Preis für eines der Autos werde ich Ihnen auch heute nichts sagen", so Vertriebschef Robertson.