Im Juni hat sich der deutsche Jobaufschwung weiter abgeschwächt. Experten rechnen nur noch mit einem leichten Arbeitslosenrückgang.
Nürnberg. Die Finanz- und Bankenkrise in der Eurozone und die ungewissen Konjunkturaussichten werfen inzwischen auch einen Schatten auf den deutschen Arbeitsmarkt. Nach Erkenntnissen der Bundesagentur für Arbeit (BA) vom Mittwoch sank die Zahl der offenen Stellen im Juni auf den niedrigsten Stand seit gut einem Jahr.
Trotzdem liege die Kräftenachfrage weiterhin auf hohem Niveau, betonte die Nürnberger Bundesbehörde bei der Bekanntgabe ihres neuesten Stellenindex’ BA-X. Die offiziellen Arbeitslosenzahlen will die BA am Donnerstag (28. Juni) bekanntgeben.
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Nach BA-Angaben sank der Indikator für die Zahl der offenen Stellen im Juni um sechs Punkte auf 165 Zähler; der Wert liegt damit inzwischen zehn Punkte unter dem bisherigen Rekordwert vom März. „Angesichts der Eintrübung der Konjunkturprognosen zeigen sich die Unternehmen offensichtlich vorsichtiger, was weitere Neueinstellungen angeht“, kommentierte die BA die aktuelle Entwicklung. Trotz des leichten Rückgangs im Juni liege die Kräftenachfrage aber noch immer über dem Rekordwert des 2007er Booms, gibt die BA zu bedenken.
Nach Einschätzung von Experten setzen dem deutschen Arbeitsmarkt auch sinkende Exporte und die wachsende Verunsicherung über die Euro-Schuldenkrise zu. Dadurch habe sich im Juni der Jobaufschwung weiter abgeschwächt, berichteten Volkswirte in einer Umfrage.
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Nach ihren Berechnungen gab es im Juni 2,805 Millionen Arbeitslose; dies wären rund 50 000 weniger als im Mai und nur noch 90 000 weniger als vor einem Jahr. Ohne die saisonalen Auswirkungen wäre die Zahl der Erwerbslosen im Juni auf dem Vormonatsniveau verharrt, schätzen die Experten. Dies zeige, dass es am Schub der Konjunkturlokomotive fehle.
„Der Aufschwung am Arbeitsmarkt erlahmt, weil die Belastung durch die Euroschuldenkrise derzeit doch sehr ausgeprägt ist“, urteilt etwa der Arbeitsmarktexperte der Allianz, Rolf Schneider. Zudem litten Unternehmen unter dem schwächeren Export in kriselnde Euro-Länder. „Der Auftragseingang aus dem Euro-Raum ist in den letzten drei Quartalen um rund 15 Prozent gesunken“, gibt Schneider zu bedenken.
Auch nach Einschätzung von Steffen Henzel vom Münchner Ifo-Institut ist inzwischen die Dynamik am Arbeitsmarkt abgeflacht. Neben der Exportschwäche mache sich auf dem deutschen Arbeitsmarkt auch die Zuwanderung aus den kriselnden EU-Ländern bemerkbar.
Mit einer Trendumkehr oder einer handfesten Krise auf dem Arbeitsmarkt rechnet allerdings kaum einer der Fachleute. „Der Trend zu einer weiteren Erholung des Arbeitsmarktes ist weiter intakt, der Weg in den Sommermonaten wird aber etwas holpriger“, meint Commerzbank-Volkswirt Eckart Tuchtfeld. Das seht Allianz- Vertreter Schneider ähnlich: „Ich habe die Hoffnung, dass die Politik Fortschritte bei der Euro-Schuldenkrise macht. Außerdem sind die Rahmenbedingungen der deutschen Binnenwirtschaft gut“. (dpa/abendblatt.de)