Opel soll endlich raus aus den Miesen, da kennt das Management keine Tabus. Die Arbeitnehmer toben und fordern endlich eine Strategie.

Frankfurt/Bochum. Neuer Akt im Langzeit-Drama um Opel: Mit dem Rotstift will die US-Mutter General Motors (GM) den Autobauer endlich aus der Verlustzone führen. Denn längst hat die Führung in Detroit die Geduld verloren und Verluste als inakzeptabel gebrandmarkt. Nun ist das Management auf der Suche nach Sparpotenzial wohl fündig geworden: Die Überkapazitäten müssen weg. Wieder einmal stehen Werke auf der Kippe, allen voran der Standort Bochum.

Genug Zündstoff für die Aufsichtsratssitzung in der kommenden Woche. Opel tut wenig, um die Spekulationen einzudämmen, und verweist auf frühere Statements. Danach gibt es keine Entscheidungen, wonach Werke geschlossen, Stellen abgebaut oder Produktionsvolumen verlagert werden sollen. Aber man müsse „zweifellos gewisse Probleme lösen“. Kein Wunder, dass bei den Opelanern die Angst vor einem Jobverlust umgeht, wie am Freitag in Arbeitnehmerkreisen zu hören ist. „Dieses jahrelange Spiel von GM mit der Angst der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um ihre Arbeitsplätze ist unverantwortlich“, sagte auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD).

Belegschaft und Gewerkschaften fürchten, dass der Abbau von Arbeitsplätzen der Kernpunkt der GM-Strategie sein dürfte. Betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen sind zwar seit der letzten Sparrunde vertraglich bis Ende 2014 ausgeschlossen. Doch erst kürzlich hatte der Betriebsrat berichtet, dass das Management die Arbeitnehmervertreter brutal unter Druck setze und versuche, die einzelnen Standorte gegeneinander ausspielen.

Opelaner fürchten erneut das Aus für ihr Werk in Bochum

+++ Bei Opel drohen wieder harte Einschnitte +++

+++ Opel-Betriebsrat dementiert: GM plant keine Werksschließungen +++

Im Klartext dürfte das heißen: GM setzt den Opel-Betriebsräten die Pistole auf die Brust. Wenn sie nicht zu weiteren Einschnitten etwa beim Lohn bereit sind, werden wieder Werke geschlossen. Die nächste Schrumpfkur steht ins Haus.

„Dem sinkenden Marktanteil hinterher sparen, das ist der alte Crashkurs, den General Motors bei Opel seit zwanzig Jahren fährt“, schimpft der Frankfurter IG-Metall-Bezirksleiter Armin Schild, der im Opel-Aufsichtsrat sitzt. Damit finde eine in der europäischen Automobilindustrie einzigartige Geschichte des Misserfolgs ihre traurige Fortsetzung: „Statt automobile Konzepte zu liefern, werden jetzt wieder die Sparschweine durch die europäischen Standorte getrieben.“ GM müsse endlich aufhören, Opel zu Tode zu sparen.

Damit ist der Streit um die richtige Strategie wieder ausgebrochen. Das Management will sparen, die Arbeitnehmer fordern mehr Engagement im Vertrieb und im Export sowie neue Modelle. Ihre Antwort auf mögliche Werksschließungen: die Produktion von Opel- und Vauxhall-Modellen etwa aus Südkorea nach Europa holen. Das wäre deutlich günstiger als Standorte zu schließen, rechnete Opel-Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug vor: „Es macht wenig Sinn, über teure Werkschließungen zu spekulieren. Diese würden eine Rückkehr des Unternehmens in die Gewinnzone auf Jahre hinaus unmöglichen machen.“ Auch Chevrolets, die in Europa verkauft werden, könnten hier statt in Asien gebaut werden.

Ob die Rechnung aufgeht, ist fraglich. Autoexperte Stefan Bratzel ist jedenfalls überzeugt: „GM hat Recht. Die Kosten müssen reduziert werden. Der Schlüssel ist die Auslastung der Werke.“ Opel komme nicht darum herum, die Kapazitäten zurückzuschrauben. Opel müsse von seinen derzeit 40 000 Stellen etwa zehn Prozent abbauen. Das spare mehrere 100 Millionen Euro. Und GM dürfe einen alten Fehler nicht wiederholen: „Es wird immer nur ein bisschen saniert, aber nie genug. So ist man immer der Entwicklung hinterhergelaufen.“

Denn obwohl GM in Europa gerade erst 8000 von zuvor 48 000 Stellen gestrichen und das Werk Antwerpen geschlossen hat, sind die Fabriken nicht ausgelastet. In den Werken Eisenach und Rüsselsheim läuft die Produktion mangels Nachfrage derzeit gedrosselt. Und die Aussichten für Opels Hauptabsatzmarkt Europa sind wenig rosig. „In Detroit glaubt man nicht an größere Absatzvolumen in Europa“, sagt Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer. Deshalb werde GM 2015 die Werke Bochum und Ellesmere Port schließen, wenn diese bis dahin ihr Kapazitätsproblem nicht lösen: „Alles deutet darauf hin, dass es für die Opelaner sehr hart wird.“ Zumal sich für GM auch durch die Liaison mit Peugeot-Citroën neues Sparpotenzial auftut. (dpa/abendblatt.de)