Seit Jahren liefern sich Airbus und Boeing wegen Subventionen einen erbitterten Kampf vor der WTO – allein die Konkurrenz profitiert.

Anwälte verdienen sich gerade eine goldene Nase im Flugzeugbau. „Wir stecken in einer Reihe von Rechtsstreitigkeiten“, schreibt der US-Branchenriese Boeing in seinem Jahresbericht. Der Kontrahent im prominentesten Fall ist, wie könnte es anders sein: Airbus. Seit Jahren beharken sich Amerikaner und Europäer wegen strittiger Subventionen, Fördergelder und Exporterleichterungen. Gegenseitig werfen sie sich vor, unrechtmäßig Staatshilfen erhalten zu haben. Das Ganze reicht hoch bis zur Regierungsebene.

Beobachter sprechen kopfschüttelnd von einem absurden Rosenkrieg unter den Giganten der Branche. Die Welthandelsorganisation WTO in Genf versucht, das Gezänk zu schlichten. Am Montag sollte – wieder einmal – ein Machtwort in dem Verfahren bekanntgegeben werden. Doch wie die Runden zuvor dürfte für Außenstehende kaum auszumachen sein, wer denn nun am Ende gewonnen hat. Wenn es überhaupt einen Gewinner gibt. Denn mal entschied die WTO gegen Airbus, mal gegen Boeing, sich unzulässige Wettbewerbsvorteile verschafft zu haben. Klar ist nur: Am Rand der Arena steht die Konkurrenz und lacht sich ins Fäustchen.

Auf der einen Seite sind da die etablierten Hersteller Embraer aus Brasilien und Bombardier aus Kanada, die bislang vor allem Regionaljets mit weniger als 100 Sitzen hergestellt haben. Nun aber drängen sie in die nächstgrößere Klasse – und damit in ein Terrain, in dem Airbus mit seiner A320-Flugzeugfamilie und Boeing mit seiner B737-Baureihe das Gros ihrer Geschäfte machen. Und das bislang weitgehend ungestört von Dritten.

„Zusätzlich“, davor warnt Boeing im Jahresbericht, „dürften in den kommenden Jahren andere Wettbewerber aus Russland, China und Japan in den Markt der Flugzeuge mit 70 bis 190 Sitzplätzen einsteigen.“ Umso unverständlicher erscheint das Scharmützel mit den Europäern. Der scheidende Chef der Airbus-Muttergesellschaft EADS, Louis Gallois, hatte vor Monaten in kleiner Runde auf die unnötigen Reibungsverluste durch den Streit hingewiesen, der nur der aufstrebenden Konkurrenz nutzen könne.

Er dürfte damit vor allem die Commercial Aircraft Corporation of China (Comac) gemeint haben. Im Jahr 2016 soll mit der C919 der erste chinesische Mittelstreckenjet überhaupt in Dienst gestellt werden - genau rechtzeitig für den erwarteten Boom am Himmel der Volksrepublik. Bislang decken Airbus und Boeing den Markt quasi alleine ab. Der ebenfalls brandneue russische Suchoi Superjet 100 hat erst vor wenigen Tagen die Zulassung der EU erhalten.

Trotz der immer näher rückenden Konkurrenz hat der Streit zwischen Airbus und Boeing nichts an Schärfe verloren. Doch worum geht es eigentlich? Boeing vertritt die Ansicht, Airbus kassiere seit mehr als 40 Jahren unberechtigterweise staatliche Hilfen, etwa über die die Anschubfinanzierung für das doppelstöckige Riesenflugzeug A380. Airbus kontert, Boeing werde seinerseits von der US-Regierung unter die Arme gegriffen, beispielsweise durch milliardenteure staatliche Rüstungs- und Raumfahrtprogramme.

Der Streit mündete in zwei Verfahren vor der WTO, in denen mal der eine, mal der andere die Oberhand behält. Verkompliziert wird die Lage dadurch, dass sich das meiste hinter den Kulissen abspielt, und auf einen WTO-Spruch in schöner Regelmäßigkeit gleich ein Revisionsverfahren folgt.

An eine baldige gütliche Beilegung der Rangeleien glauben mit Blick auf den US-Präsidentschaftswahlkampf nur wenige Beobachter. Politische Positionierung zugunsten des heimischen Arbeitsmarktes ist Trumpf. Dabei geht es auch anders: Ausgerechnet Embraer und Bombardier hatten sich nach einem ähnlichen langjährigen Gefecht schließlich 2007 zusammengesetzt und mit Hilfe der Industrieländer-Organisation OECD ein Regelwerk für Beihilfen im Flugzeugbau festgelegt. Heute können sich die zwei ganz darauf konzentrieren, Flugzeuge zu bauen. (dpa/abendblatt.de)