Die Euro-Zone steht laut EU eine Rezession bevor. In Deutschland aber sorgen Konsum, Export und Investitionen für positive Stimmung.
München/Brüssel/Frankfurt. Weder von der anhaltenden Finanzkrise in der Euro-Zone noch von den schlechten Konjunkturprognosen aus Brüssel lassen sich die Manager deutscher Unternehmen verunsichern. Die Folge: Der Geschäftsklimaindex vom Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) – er gilt als das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer – kletterte das vierte Mal in Folge. Zwar sagte die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel der Euro-Zone für das laufende Jahr eine Rezession vorher. Allerdings bildet Deutschland die Ausnahme: Für die deutsche Wirtschaft erwarten die Experten ein leichtes Wachstum.
Beim deutschen Konjunkturbarometer für Februar hatten viele Volkswirte mit einem Plus gerechnet, doch der Satz von 108,3 auf 109,6 Punkte beim Ifo-Index überraschte viele Fachleute. Doch die gute Stimmung darf nicht täuschen, warnen die Experten: Die Lage bleibt weiter angespannt.
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Der Ifo-Index erholt sich bereits seit November von den Rückgängen im Sommer und Herbst vergangenen Jahres. Eine Stütze dabei ist der Konsum im Inland. „Die deutsche Konjunktur wird derzeit von binnenwirtschaftlichen Auftriebskräften getragen“, sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn.
„Da haben wir eine völlige Trendwende“, ergänzt Ifo-Konjunkturexperte Klaus Abberger. Lange sei der Export der Treiber für die deutsche Wirtschaft gewesen. Sowohl der Konsum, aber auch Investitionen im Inland sorgten für gute Laune bei den Unternehmen. Das zeige sich etwa im Baugewerbe.
Dazu kommt, dass die Geschäfte außerhalb Europas für viele Firmen weiter blendend laufen. Vor allem die dicken Auftragsbücher in der Industrie lassen in den Chefetagen derzeit die Sorgen um die Schuldenkrise in den Hintergrund treten. Allerdings ist das Bild auch hier unterschiedlich.
Der deutsche Maschinenbau stellt sich darauf ein, in diesem Jahr kleinere Brötchen zu backen. Die rasante Aufholjagd nach den herben Einbrüchen der vergangenen Krise ist vorerst beendet. Nach einem schwachen Jahresschluss 2011 kappte der Branchenverband VDMA seine Prognose für 2012.
„Basierend auf der jüngsten Entwicklung des Auftragseingangs, der weiteren Unsicherheiten insbesondere in Europa, aber auch im Hinblick auf eine abflachende Konjunktur in China haben wir die Produktionsprognose für 2012 von plus vier Prozent auf null Prozent Wachstum revidiert“, sagte Verbandspräsident Thomas Lindner.
Auch in anderen Branchen macht sich die Eurokrise bemerkbar. Die Schuldenkrise schwebe nach wie vor über allem, sagte Ifo-Experte Abberger. Die Folgen zeigten sich derzeit in vielen Ländern, gerade in denen, die sich Sparprogramme verordnen mussten. Dort sinken die Ausgaben, die Wirtschaft schrumpft.
Das könne sich auch auf den deutschen Export auswirken. Dort sei das Plus bereits geringer. „Wir sind da eigentlich andere Zuwächse gewöhnt“, sagte Abberger. Die Firmen ficht das jedenfalls nicht an. Sie bewerten ihre Lage besser als noch im Januar, vor allem aber schraubten sie ihre Erwartungen für die kommenden Monate nach oben.
„Ob Verschuldungskrise, Ölpreisanstieg oder extreme Wetterverhältnisse: es scheint, als ob es derzeit nichts gibt, was die Stimmung in den deutschen Unternehmen trüben könnte“, schrieb die Postbank in einer ersten Einschätzung.
Um Deutschland herum sieht das freilich anders aus. Die EU erwartet 2012 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent in der Eurozone. Damit sind die Experten wesentlich pessimistischer: Im Herbst hatten sie noch einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,5 Prozent für den Währungsraum vorhergesagt. Die befänden sich in einer „milden Rezession mit Anzeichen der Stabilisierung“.
Die EU-Kommission spricht von einer Rezession , wenn die Wirtschaftsleistung eines kompletten Jahres unter dem des Vorjahres liegt. Entscheidend für eine grundsätzliche Besserung seien weitere Maßnahmen zur Euro-Rettung: „Die Prognose gilt unter der Voraussetzung, dass die Staatsschuldenkrise sich abschwächen wird“, sagte Währungskommissar Olli Rehn und sprach sich erneut für eine Aufstockung des 500 Milliarden Euro schweren Krisenfonds ESM aus, der im Sommer starten wird. Deutschland lehnt dies ab.
Es sind vor allem die Krisenstaaten Griechenland und Portugal, die vom Abschwung erfasst sind und die Länder der Währungsunion in die Rezession ziehen. Für Griechenland erwartet Brüssel in diesem Jahr ein Minus von 4,4 Prozent – nach einem Einbruch von 6,8 Prozent 2011. In Portugal werde die Wirtschaft um 3,3 Prozent schrumpfen.
Beide Schuldensünder konnten nur mit milliardenschweren Hilfspaketen vor dem Bankrott gerettet werden und müssen strikte Sparauflagen einhalten – die wiederum die Wirtschaft abwürgen.
Nur noch Deutschland wird von den großen Euro-Volkswirtschaften laut Prognose nennenswert wachsen. Die EU-Kommission prognostiziert jedoch lediglich ein Plus von 0,6 Prozent für die deutsche Wirtschaft - nach starken 3,0 Prozent Wachstum im vergangenen Jahr. (dpa/abendblatt.de)