Auf ihrer China-Reise wird Merkel für den Standort Deutschland werben, aber auch das deutsche Wirtschaftsengagement in China anpreisen.

Peking. Die deutsche Industrie feiert Ausfuhrrekorde nach China, aber in der Wirtschaftskooperation knirscht es trotzdem. Bei ihrem dreitägigen Besuch in China wird Kanzlerin Angela Merkel ab Donnerstag nicht nur um mehr chinesische Investitionen in Deutschland werben, sondern wieder ein bisschen „Türöffner“ für deutsche Investitionen in China spielen. Bei einem deutsch-chinesischen Wirtschaftsforum im südchinesischen Guangzhou (Kanton) werden am Freitag (3. Februar) führende Wirtschaftsvertreter beider Seiten an einem „runden Tisch“ sitzen, um neue Möglichkeiten zu erkunden.

Das Umfeld für Investitionen in beide Richtungen hat sich aber verschlechtert. Wegen des im Herbst geplanten Generationswechsels an der Spitze der Kommunistischen Partei gibt es in China „Nervosität und Stagnation“, wie ein Vorstandsmitglied eines deutschen Konzerns sagte, der Milliarden in China investiert hat. Auf chinesischer Seite setze sich niemand mehr für Großprojekte mit ausländischen Partnern ein. „Jeder wartet ab, was die neue Regierung macht.“ Die Frage sei, wie sich die neue Führung ab 2013 gegenüber der Industrie positioniere. „Im Moment passiert politisch nicht viel.“


+++ Hintergrund: Was erhofft sich die Euro-Zone von China? +++

Zwar wuchs Chinas Wirtschaft trotz Krise mit 9,2 Prozent im vergangenen Jahr erstaunlich schnell. Aber die Fragezeichen über den langfristigen Aussichten werden immer größer, was gerade bei großen Investitionen eine Rolle spielt. Neue Milliardenvorhaben, die sich auch in 10 oder 20 Jahren noch rechnen müssen, bereiten den deutschen Planern gehörige Kopfschmerzen. Aber auch chinesische Unternehmer haben deshalb Sorgen: „Die politischen und wirtschaftlichen Fragen multiplizieren sich im Moment“, brachte der Chef eines weltweit tätigen Beratungsunternehmens die Ungewissheit auf den Punkt.

Kanzlerin Merkel muss in Peking auch um Vertrauen in die Euro-Zone werben. Chinas Regierung und Unternehmen sind irritiert über die schuldengeplagten Europäer, die sich mühen, um ihre Probleme in den Griff zu bekommen. Immerhin scheint der reichste Chinese Liang Wengen, Chef des chinesischen Baumaschinenherstellers Sany Heavy Industry, keine Bedenken dieser Art zu haben. In der bisher größten chinesischen Übernahme eines deutschen Unternehmens kaufte Sany die deutsche Traditionsmarke Putzmeister in Aichtal (Kreis Esslingen).

Für den führenden deutschen Betonpumpenhersteller wurden umgerechnet rund 360 Millionen US-Dollar auf den Tisch gelegt, wie das Unternehmen an der Börse in Shanghai berichtete. Der chinesische Citic Fonds ist mit einer Minderheitsbeteiligung dabei. Zwar schweben Merkel wohl eher andere Investitionen vor, bei denen auch Fabriken gebaut oder neue Arbeitsplätze geschaffen werden, doch demonstriert Liang Wengen damit trotz Krise zumindest frische Zuversicht in den Standort Deutschland. Auch hatte Sany schon 2011 für rund 100 Millionen Euro ein Hauptquartier bei Köln gebaut. Es war bis dahin die größte chinesische Investition in Europa.

Noch sind chinesische Investitionen in Deutschland mit 1,27 Milliarden US-Dollar allerdings sehr gering. Deutsche Unternehmen haben hingegen bisher 17,8 Milliarden US-Dollar in China investiert - vor allem in den Bereichen Chemie, Auto sowie Maschinen- und Anlagenbau. Der deutsch-chinesische Handel trotzte der Krise und erlebte in den vergangenen zwei Jahren sogar einen Boom. Die deutschen Exporte nach China kletterten 2010 um 44 Prozent auf 53 Milliarden Euro und legten 2011 nach vorläufigen Schätzungen noch mal um rund 20 Prozent zu.

Doch in China tätige deutsche Unternehmen haben es nicht leicht. Die Spitzen der deutschen Wirtschaft in Merkels Begleitung wollen bei ihren Gesprächen in Peking mit den verantwortlichen Ministerien und am „runden Tisch“ in Guangzhou zwar „keine Klagemauer“ aufbauen, aber ihre Probleme offen ansprechen: Schlechter Marktzugang, Diskriminierung bei öffentlichen Ausschreibungen, erzwungener Technologietransfer und weiter mangelnder Schutz der Urheberrechte. „Umgekehrt sollen aber auch chinesische Unternehmer ihre Probleme mit Deutschland schildern“, sagte einer der Organisatoren. (dpa/abendblatt.de)