Der Flugzeughersteller will seine Produktion deutlich aufstocken. Der Standort Hamburg und norddeutsche Zulieferer profitieren davon.
Hamburg. Dieses Problem hätten viele andere Unternehmen gern: Airbus wird mit Aufträgen überschüttet und muss jetzt nach Wegen suchen, den Auftragsbestand mit akzeptablen Lieferzeiten abzuarbeiten.
Zu einem erheblichen Teil hat Airbus die Orderflut dem modernisierten, besonders sparsamen Modell A320neo zu verdanken, das im Oktober 2015 auf den Markt kommen soll. Bereits rund ein Jahr nach der Vorstellung der neuen Variante des Verkaufsschlagers liegen Aufträge und Absichtserklärungen für 1450 Maschinen vor.
Doch damit stößt man an Grenzen. "So ein Bestellfeuerwerk wie in diesem Jahr wird es 2012 nicht wieder geben. Denn die Produktionsslots für die A320neo sind auf Jahre weitgehend ausgebucht", sagte Airbus-Chef Thomas Enders der "Börsen-Zeitung".
Um diesen Engpass zu überwinden, stockt das Unternehmen die Belegschaft auf: Airbus gibt für dieses und nächstes Jahr die Zahl der Neueinstellungen mit jeweils rund 4000 an - und wenn die längerfristigen Planungen umgesetzt werden können, dürften später noch mehr Beschäftigte gebraucht werden: Es gibt Überlegungen, die monatliche Produktion von Kurz- und Mittelstreckenjets der A320-Familie in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts bis auf 50 hochzufahren. Derzeit werden zusammen knapp 40 Maschinen dieser Typenreihe in Hamburg, Toulouse und Tianjin (China) endmontiert, ein Anstieg auf 42 Jets bis Ende 2012 ist bereits beschlossen.
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Doch auch bei den großen Langstreckenfliegern nimmt die Arbeit künftig zu: Mit dem A350, der im ersten Halbjahr 2014 erstmals an die Kunden ausgeliefert werden soll, kommt eine komplett neue Typenreihe hinzu, außerdem wird die Fertigung des Megajets A380 von Jahr zu Jahr ausgeweitet. Beim A380 habe man 2011 "erstmals das Stadium der Serienproduktion erreicht", sagte Enders.
All dies wirkt sich nicht nur bei Airbus aus. "Wir sehen eine Wachstumstendenz auch bei den deutschen Zulieferern", sagte Uwe Gröning, Vorsitzender des Verbands Hanse-Aerospace, dem Abendblatt. Dies sei auch mit Neueinstellungen verbunden - und nicht nur bei den Personaldienstleistern: Nachdem Airbus in den vergangenen eineinhalb Jahren bereits 700 bisherige Zeitarbeiter als feste Mitarbeiter übernommen hat und im kommenden Jahr 300 weiteren Leihkräften einen unbefristeten Vertrag anbieten will, haben die Zeitarbeitsfirmen vor, einen Großteil dieser Stellen wieder aufzufüllen.
"Die große Herausforderung wird darin bestehen, den Bedarf an qualifizierten Fachkräften überhaupt decken zu können", sagte Jan Heinze, Leiter der Arbeitsgruppe Personal bei Hanse-Aerospace, dem Abendblatt. "Die Lösung wird sein, fachfremde Personen auf die speziellen Anforderungen in der Luftfahrt vorzubereiten." Interessierte können sich unter der E-Mail-Adresse bewerbungen@hanse-aerospace.net bei dem Verband der norddeutschen Zulieferer melden.
Dank der guten Auftragslage von Airbus dürfte somit die Bedeutung der Luftfahrt für den Hamburger Arbeitsmarkt noch zunehmen. Einschließlich der gut 12 000-Airbus-Beschäftigten zählt die Branche aktuell mehr als 39 000 zumeist hochqualifizierte Mitarbeiter in der Hansestadt und den umliegenden Kreisen. "Arbeitsplätze zu schaffen ist eine wichtige Investition in die Zukunft", sagte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) mit Blick auf die neuen Personalplanungen gestern dem Abendblatt. "Für die Metropolregion Hamburg ist die Luftfahrtindustrie eine absolute Wachstumsbranche. Sie hat damit als Arbeitgeber eine ungemein wichtige Bedeutung."
Doch nicht nur bei Airbus laufen die Geschäfte sehr gut: Nach mehreren Großaufträgen, unter anderem für 230 Flieger der 737-Reihe, hat der US-Konzern Boeing gerade beschlossen, die Produktionsrate dieser Kurz- und Mittelstreckenmaschinen von derzeit 31,5 Jets im Monat auf den Rekordwert von 35 hochzusetzen, bis zum Jahr 2014 soll sie weiter auf 42 klettern. Für später wird sogar eine Rate von monatlich 60 Fliegern nicht ausgeschlossen - sofern man die Kapazitäten dafür findet.