Noch geht die Hängepartie um Opel weiter. Beschäftigte setzen in der Frage der Bürgschaft auf Kanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten.
Frankfurt/Berlin. Vor der Entscheidung über eine staatliche Milliardenbürgschaft für Opel an diesem Mittwoch haben die Beschäftigten des Autoherstellers noch einmal um Unterstützung geworben. „Es geht um Arbeitsplätze in der realen Wirtschaft und nicht um Luftbuchungen und Spekulationen“, sagte der Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz am Montag zu rund 1500 Demonstranten vor der Frankfurter Börse. IG-Metall-Chef Berthold Huber forderte die Politik und namentlich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, nach den Zugeständnissen der Opel-Belegschaft ihrerseits die Abmachungen zu erfüllen.
Die Ende vergangener Woche auf Druck der Opel-Länder verschobene Entscheidung der Bundesregierung soll nun am Mittwoch fallen, teilte das Wirtschaftsministerium mit. In Koalitions- und Regierungskreisen wird unverändert mit einem Nein gerechnet. Die General Motors-Tochter Opel will von Bund und Ländern eine Kreditbürgschaft über 1,1 Milliarden Euro. Das Sanierungskonzept sieht vor, rund 8000 von 48000 Arbeitsplätzen in Europa zu kappen. In Deutschland will Opel rund 4000 Jobs streichen. Die vier Bundesländer mit Opel-Standorten – Hessen, NRW, Thüringen und Rheinland-Pfalz – hoffen, dass sie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in letzter Minute noch umstimmen können. Betriebsräte und IG Metall fürchten, dass ohne Staatshilfe der US-Mutterkonzern General Motors (GM) zwei der vier deutschen Standorte schließen könnte.
Für aufkeimende Hoffnung in der Belegschaft sorgte am Montag eine Mitteilung der CDU, dass Merkel am 28. Juni am Opel-Hauptstandort Rüsselsheim ein Treffen mit den CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden abhalten will. Die Kanzlerin wird dabei im Werk auch mit Opel-Chef Nick Reilly zusammentreffen.
IG-Metall-Chef Huber wandte sich bei der Kundgebung gegen den Eindruck, es handele sich bei der beantragten Hilfe um eine nicht gerechtfertigte Subvention. Die Bürgschaft sei Grundlage für ein eigenständigeres Unternehmen Opel Europa, das nicht nur Anhängsel und verlängerte Werkbank von General Motors sei, meinte der Gewerkschaftschef. Die Bürgschaft solle Zukunftsinvestitionen in neue Modelle und Antriebe sichern. „Die Bürgschaft schafft so selbst die Basis dafür, dass sie nicht in Anspruch genommen werden muss.“
Der Zorn der Opelaner richtete sich erneut gegen Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). Er wolle sich bei Opel austoben und ein Exempel statuieren, warf Franz dem Minister vor. Die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten stünden aber hinter Opel. Huber forderte den Liberalen auf, über seinen eigenen Schatten zu springen. „Ordnungspolitischer Dogmatismus ist an dieser Stelle von vorgestern.“
Der Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) sieht hingegen General Motors in der Pflicht, der allein im ersten Quartal 865 Millionen US- Dollar Gewinn eingefahren habe. „GM hat deshalb die Verpflichtung, seiner Tochterfirma zu helfen – nicht der deutsche Steuerzahler“, sagte Fuchs der „Bild-Zeitung“. Auch der FDP-Fraktionsvize Patrick Döring will keine staatlichen Garantien: „Diese Koalition darf Steuergeld nicht Konzernen hinterherwerfen.“General Motors betont dagegen, ohne Staatshilfen sei die Sanierung des europäischen Opel- Geschäfts gefährdet. Weil der Konzern mehrheitlich von der US- Regierung kontrolliert werde, könne US-Steuergeld nicht in Europa eingesetzt werden.
Einer Studie zufolge erholt sich GM schnell. Der US-Konzern werde 2010 vor allem wegen der stark angezogenen Nachfrage im Heimatmarkt USA einen Gewinn vor Steuern und Zinsen (EBIT) in der Größenordnung von 4 Milliarden Euro erzielen, berichtete der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Auf nahezu allen Märkten – mit Ausnahme von Deutschland und Westeuropa – hätten Nachfrage und Produktion deutlich schneller wieder angezogen als noch vor drei Monaten erwartet.