Lenkungsausschuss gegen Staatshilfen für angeschlagenen Autobauer. Betriebsrat befürchtet Kahlschlag
Hamburg. Opel hat kurz vor der Entscheidung über Staatshilfen für den kriselnden Konzern einen herben Rückschlag erlitten. Die acht Mitglieder des Lenkungsausschusses, der die Bundesregierung in dieser Sache berät, haben eine "kritische Haltung" gegenüber der Unterstützung eingenommen, wie Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) gestern sagte. Ausschlaggebend für das Votum sei gewesen, dass der amerikanische Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) im ersten Quartal 2010 Gewinne in Höhe von 865 Millionen Dollar eingefahren hat. Deshalb habe das Gremium den Antrag auf Bürgschaften aus wirtschaftlichen Gründen abgelehnt.
Das Urteil des Expertenrats gilt als Grundlage für die Entscheidung, ob Opel Subventionen aus dem Deutschlandfonds erhalten soll. Die Empfehlung ist allerdings nicht bindend. Brüderle, der schon zuvor Bedenken gegen die geforderten Bürgschaften über 1,1 Milliarden Euro geäußert hatte, hat am Ende das letzte Wort.
Rainer Einenkel, Betriebsratschef des Bochumer Opel-Werks, warnte vor einem Kahlschlag. "Gibt es die Gelder nicht, sind Bochum, Eisenach und Kaiserslautern akut bedroht", sagte er. Denn ohne die Hilfen könne der ursprüngliche GM-Plan, die drei deutschen Werke zu schließen, wieder zum Tragen kommen. Das Vorhaben ist unter der Voraussetzung deutscher Hilfen von dem Amerikanern korrigiert worden. Nun sollen in Europa nur noch 8000 Stellen wegfallen. "Es gibt einen Finanzplan für die europäischen Werke, der 3,7 Milliarden Euro umfasst. Wenn ein Teil dieses Geldes nicht kommt, müssen die Pläne möglicherweise überdacht werden."
Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) hat die Bundesregierung aufgefordert, die Hilfen für Opel endlich freizugeben. "Die Suche nach einem neuen Bundespräsidenten kann nicht dafür herhalten, das Regieren einzustellen", sagte er in Erfurt. In Eisenach in Thüringen wird der Kleinwagen Opel Corsa gebaut. Nun wird befürchtet, dass GM die Produktion nach Spanien verlagern wird.
Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer hingegen, Chef vom CAR-Center der Universität Duisburg-Essen, hält wenig von einer Unterstützung für den deutschen Hersteller. "Sie ist falsch, erhöht die Staatsverschuldung und beschädigt das Image von Opel. GM hat die Kraft, die Sanierung völlig eigenständig zu schultern", sagte er dem Abendblatt. "Eine Hilfe für Opel könnte zur Verzerrung des Wettbewerbs führen", gibt Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automative in Bergisch Gladbach, zu Bedenken. "Opel braucht von seiner Mutter nun klare Perspektiven."
Für Kurt Kröger, geschäftsführender Gesellschafter des weltgrößten Opel-Händlers Dello in Hamburg, ist das Thema Staatshilfe noch nicht vom Tisch. "Noch ist keine Entscheidung gefallen. Es stellt sich die Frage, ob sich der Bund gegen die Mitarbeiter entscheiden wird", sagte er. "Wenn es jedoch keine Unterstützung gibt, wird Opel in Deutschland künftig anders dastehen als heute", meint er im Hinblick auf die Werke und die Kapazitäten des Autobauers. Die Mitarbeiter haben bereits beschlossen, dass sie als Beitrag für die Rettung ihres Unternehmens bis ins Jahr 2014 hinein auf Gehaltsbestandteile in Höhe von insgesamt 265 Millionen Euro verzichten wollen.
Am Freitag kommt der Lenkungsausschuss mit Spitzenbeamten der Regierung zusammen, um über die beantragte Milliardenbürgschaft zu beraten. Die Position von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die wegen der großen Bedeutung von Opel entscheidenden Einfluss auf die Entscheidung haben dürfte, ist offen. Wirtschaftsminister Brüderle, der skeptisch gegen Hilfen ist, will Ende der Woche, spätestens Anfang kommender Woche entscheiden.