Die Kanzlerin sagte, das Wirtschaftsministerium um Rainer Brüderle (FDP) solle die Ansprechstelle für die IT-Politik in der Bundesregierung bleiben.

Hannover. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat der Forderung der IT- und Telekommunikationsbranche nach einem Internet-Minister eine Absage erteilt. „Ich glaube nicht, dass die Wirksamkeit eines solchen Staatsministers die Lösung ist“, sagte sie am Montagabend bei der Eröffnung der weltgrößten Branchenmesse CeBIT in Hannover. Das Thema sei beim federführenden Wirtschaftministerium unter Führung von Rainer Brüderle (FDP) gut aufgehoben. „Seien sie froh, dass sich jetzt jeder Minister mit IT befasst“, sagte sie zu der Kritik, dass die Regierung in Sachen IT nicht mit einer Stimme spreche.

Der Präsident des Branchenverbands Bitkom, August-Wilhelm Scheer, hatte die Einsetzung eines Staatsministers vorgeschlagen, um die vielen einzelnen Aktivitäten in dem Bereich zu bündeln. Zudem regte er ein neuartiges Ausbildungskonzept für Manager an. „Es ist bekannt, dass Großunternehmen an ihrer mangelnden Innovation scheitern und Startup-Unternehmen an ihrer fehlenden Managerqualität. An diesen beiden Stellen müssen wir ansetzen“, sagte er.

Zapatero warnt vor abgehängtem Europa

Am Dienstag öffnet das Branchentreffen seine Tore für die Besucher. Die Messe fällt in diesem Jahr allerdings deutlich kleiner aus als in Vorjahren. „Man spürt den Hauch der Wettbewerber doch von vielen Seiten – einer sitzt in Spanien“, sagte Merkel mit Blick auf das diesjährige Partnerland. In Sachen Mobilfunk findet das wichtigste Branchentreffen längst in Barcelona statt. Die CES in Las Vegas hat sich als globale Leitmesse für Handys, Kameras und Fernseher etabliert.

Der spanische Ministerpräsident und EU-Ratspräsident José Zapatero warnte auf der Eröffnungsveranstaltung davor, dass Europa den technischen Anschluss verlieren könne: „Europa muss vorankommen, und es muss sofort geschehen, wenn wir nicht hinter den Vereinigten Staaten und den aufstrebenden Staaten zurückbleiben wollen“, sagte er laut Übersetzung. Er habe daher der EU-Kommission einen Vorschlag für ein digitales Europa vorgelegt. Dazu gehöre eine Charta der Nutzerrechte, die Sicherheit der Netze und der Schutz der geistigen Eigentumsrechte.

Die deutsche Computerbranche hat unterdessen wieder auf Wachstum geschaltet. Der PC-Absatz im Inland wird im laufenden Jahr nach Überzeugung des Fachverbands Bitkom auf ein Rekordhoch von 13,6 Millionen Stück im Wert von insgesamt 6,6 Milliarden Euro steigen. Insgesamt soll der IT-Markt 2010 um 1,4 Prozent auf 64,4 Milliarden Euro wachsen, nachdem im Krisenjahr 2009 ein Minus von 5,4 Prozent in den Büchern stand. Für 2011 erwartet der Verband sogar 3,8 Prozent Wachstum.

CeBIT schrumpft - Merkel kämpft

In Deutschland pilgern die Technikfreunde mittlerweile lieber zur IFA in Berlin, wo sie Unmengen von elektronischen Apparaten nach Belieben anfassen und ausprobieren können. Computerspiel-Fans tingeln dagegen zur Tokyo Game Show, der E3 nach Los Angeles oder der GamesCon in Köln. Merkel sagte, die Bundesregierung wolle sich dafür einsetzen, dass die CeBIT die führende Messe der IT-Industrie weltweit bleibe. Im Jahr des 25-jährigen Bestehens der CeBIT sagte Merkel, sie wolle, dass auch „der 50. Geburtstag“ hier gefeiert werde.

Während zu Boomzeiten im Jahr 2000 eine Dreiviertel Million Menschen zur CeBIT kamen, rechnen Experten in diesem Jahr mit weniger als 400.000 Besuchern. Die Zahl der Aussteller ist auf rund 4.200 geschrumpft.