Vier-Millionen-Honorar für 1000 Datensätze - Informant fürchtet Rache Steinbrück war informiert - Politiker fordern Überprüfung der Gesetze

Hamburg. Es geht um gewaltige Summen und ein großes Ausmaß an krimineller Energie: Die Bundesregierung erhofft sich in der Liechtensteiner Steueraffäre mehrere Hundert Millionen Euro von reichen Deutschen, die ihr Geld illegal ins Ausland schafften. Für die brisanten Daten, die auch den bisherigen Post-Chef Klaus Zumwinkel in den Verdacht der Steuerhinterziehung brachten, wurden an einen Informanten etwas mehr als vier Millionen Euro gezahlt, wie ein Regierungssprecher gestern bestätigte. Den Behörden lägen Daten zu rund 1000 mutmaßlichen Steuerhinterziehern vor.

Laut Medienberichten sind für diese Woche 125 Razzien, etwa 20 bis 25 pro Tag, geplant. Dabei sollen die Bochumer Staatsanwälte Durchsuchungen bei weiteren prominenten Millionären mit den Schwerpunkten Köln und Düsseldorf vorgesehen haben. In Hamburg wird derzeit noch überprüft, ob Bürger aus der Hansestadt in den Steuerfall verwickelt sind, wie der Sprecher der Finanzbehörde, Sebastian Panknin, dem Abendblatt sagte. Für heute rechnet er mit einem ersten Zwischenergebnis. Es sei nicht auszuschließen, dass sich eine Reihe von Personen selbst anzeigen werde.

Die Daten des Informanten waren über den Bundesnachrichtendienst (BND) zur Steuerfahndung gekommen. Laut "Spiegel" war ein Informant auf den deutschen Auslandsdienst zugegangen. Nach mehreren Treffen und der Übergabe von Stichproben hätten die Fahnder das Millionenhonorar auf einem Notarkonto deponiert. Bei den etwa 1000 Datensätzen handele es sich um Depotauszüge, Korrespondenzen und Vermerke. Der Informant fürchtet mittlerweile um sein Leben, hat umfassenden Personenschutz verlangt.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) war offensichtlich über den spektakulären Deal informiert. "Der Minister hat von den Vorkommnissen letzte Woche Kenntnis erlangt", sagte ein Ministeriumssprecher. Den Datenbestand kenne aber nur die Steuerfahndung. Während CDU-Fraktionschef Wolfgang Bosbach den Datenkauf als legitim einstufte, forderte der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele, Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium für die Nachrichtendienste, Aufklärung darüber, ob der Deal rechtmäßig war.

Eine Debatte ist auch über politische Konsequenzen aus der Steueraffäre entbrannt. Die SPD forderte eine Prüfung des Strafmaßes für Steuerhinterziehungen. Es müsse künftig deutlich werden, dass Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt sei, heißt es in der "Hamburger Erklärung", die heute verabschiedet werden soll. Auch CSU-Chef Erwin Huber sprach sich für "härtere Gesetze für hochgradige Steuersünder" aus.

Hintergrund der wachsenden Kapitalflucht aus Deutschland ist nach Einschätzung der Deutschen Steuergewerkschaft auch die von 2009 an vorgesehene 25-prozentige Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge. "Wir stellen fest, dass wegen der Abgeltungssteuer mehr Geld ins Ausland fließt. Das hat wohl den Hintergrund, die Anlagen weiter zu verstecken", sagte der Chef der Gewerkschaft, Dieter Ondracek, in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin".