Beobachtet man als überzeugter Marktwirtschaftler die ökonomischen Ereignisse der letzten Zeit, dann muss man sich ernsthafte Sorgen um den Bestand unserer Wirtschaftsordnung machen. Die Akzeptanz der Marktwirtschaft in unserer Bevölkerung befindet sich auf einem dramatischen Rückzug und erreicht immer neue Tiefststände. Gleichzeitig erobert die Links-Partei in Niedersachsen und Hessen zwei weitere Parlamente und wird den Prognosen zufolge auch in die Hamburger Bürgerschaft einziehen.
Der Angriff auf die Marktwirtschaft erfolgt jedoch nicht durch äußere Feinde, sondern er kommt von innen durch die marktwirtschaftlichen Leistungsträger selbst, und zwar auf verschiedenen Ebenen:
Der Liechtensteiner Steuerskandal erschüttert die Marktwirtschaft in ihren Grundfesten, da offensichtlich die Grundregeln, auf denen sie beruht, von Teilen der Leistungsträger nicht eingehalten werden. Dass damit das Vertrauen in unsere Wirtschaftsordnung in weiten Kreisen der Bevölkerung empfindlich gestört wird, liegt auf der Hand. Zur Wiederherstellung des Vertrauens brauchen wir jedoch keine schärferen Steuerstrafgesetze sondern eine konsequente Anwendung der bestehenden. Das würde als Abschreckung reichen.
Fatal ist, dass nun die Diskussion über die Höhe der Manager-Gehälter wieder auflebt. Mein Vorschlag hierzu: Da Aufsichtsräte und Vorstände deutscher Aktiengesellschaften häufig gegenseitig vernetzt sind, sollte nicht mehr der Aufsichtsrat die Gehälter des Vorstands bestimmen sondern die Hauptversammlung. Das hätte sicher eine dämpfende Wirkung und würde eine von mir nicht gewünschte gesetzliche Regelung entbehrlich machen. Ferner sollten keine Aktienoptionen mehr gewährt werden, da der Börsenkurs nach unseren Untersuchungen kein geeigneter Maßstab für die Leistung des Managements ist.
Der zweite Angriff auf die Marktwirtschaft erfolgt durch die internationale Finanzkrise. Die bisher bekannten Verluste im Bankensystem wegen Abschreibungen wertloser Finanzprodukte liegen zwar im atemberaubenden zweistelligen Milliardenbereich, sind aber aller Voraussicht nach noch nicht das Ende der Fahnenstange.
Diese in Mode gekommenen Finanzprodukte sind so komplex und intransparent, dass selbst Experten sie häufig nicht verstehen und die Risiken nicht einschätzen können. Es ist ja nicht verwerflich, dass man etwas nicht versteht, aber dann sollte man auch die Finger davon lassen.
Das gilt besonders aber nicht nur für die unter staatlicher Kontrolle stehenden Landesbanken. Ein aggressives Renditestreben ohne Risikobeachtung ist fatal und gefährdet auch die Marktwirtschaft als Ganzes.
Der dritte Angriff ist die Vernichtung von Tausenden von Arbeitsplätzen durch Aufgabe eines profitablen Standorts, nur weil man woanders noch mehr Gewinn erzielt. Bei einem weltweiten Gewinn von Milliarden Euro ist diese Strategie des Unternehmens Nokia nicht nur menschlich empörend sondern auch betriebswirtschaftlich unvernünftig, da die negative Auswirkung des Beschlusses auf die Kundenloyalität völlig unterschätzt wurde. Eine kurzsichtige Maximierung der Rendite führt auf lange Sicht nicht zum Erfolg.
Ich hoffe, dass diese gefährlichen Angriffe auf unsere Wirtschaftsordnung von der Gesellschaft durch Augenmaß und konsequentes Handeln abgewehrt werden können. Denn die soziale Marktwirtschaft ist so stark, dass sie nicht von außen sondern ausschließlich durch sich selbst zerstört werden kann.