Der Hamburger Rüdiger Grube will das Unternehmen nicht zerschlagen. Noch-Bahnchef Mehdorn fordert Abfindung.

Berlin. Der neue Bahnchef Rüdiger Grube (57) hat seinen künftigen Passagieren höchste Qualität, Pünktlichkeit und preiswerte Tickets versprochen. "Die Bahn ist dafür da, den besten Service auf der Welt zu erbringen", sagte der designierte Konzernchef gestern in Berlin. In der Datenschutzaffäre versprach Grube eine rasche Aufklärung. Erste Ergebnisse erwarte er bereits zum 1. Juni. Oberstes Ziel sei es, das Vertrauen von Kunden und Mitarbeitern zurückzugewinnen.

Der vor einer Woche nominierte Daimler-Manager Grube wird Nachfolger von Hartmut Mehdorn. Mehdorn hatte seinen Rücktritt angeboten, nachdem bekannt geworden war, dass der Bahnkonzern über Jahre Mitarbeiterdaten in großem Umfang abgeglichen und E-Mails kontrolliert hatte. Mehdorn fordert nun laut "Handelsblatt" eine millionenschwere Abfindung. Sollte sein bis Mai 2011 laufender Vertrag finanziell nicht erfüllt werden, drohe er mit Klage.

Grube ist Hamburger. Man hört es, und er sagt es auch: "Ich bin Hanseat." Daraus, dass er den Wechsel in die Vorstandsetage der Bahn als Krönung seiner Karriere begreift, macht Grube keinen Hehl. "Der Würfel", sagte der schmale 57-Jährige mit erkennbarer Freude, "hat sich zu meinen Gunsten gelegt - mit der Sechs nach oben."

Grube ist körperlich so groß wie Hartmut Mehdorn, aber damit hören die Ähnlichkeiten bereits auf. Wo Mehdorn seinen zuweilen ruppigen Charme versprühte, will der höfliche Grube den 240 000 Bahnmitarbeitern "Vorbild" werden. Er habe nicht vor, Wasser zu predigen und selbst Wein zu trinken, so Grube und fügte hinzu, dass er andere Menschen grundsätzlich so behandle, "wie ich selbst behandelt werden will". Mit Respekt.

Zur künftigen Linie des Unternehmens äußerte sich der neue Bahnchef noch wenig konkret. Er bat sich 100 Tage zur Einarbeitung und zur Vorlage von Konzepten aus, auch zur Bewältigung der Folgen der Wirtschaftskrise beim Güterverkehr: "Alles, was gut ist, wird erhalten. Alles, was veränderungsbedürftig ist, wird angepackt." Nur auf die Expansion des Konzerns auch außerhalb Deutschlands legte Grube sich bereits fest: "Wir werden das Unternehmen weiter ausbauen. Von Deutschland über Europa in die Welt hinaus."

Die von der Bundesregierung verfolgte Privatisierung des Konzerns stehe für ihn angesichts der Wirtschaftskrise nicht auf der Tagesordnung, sagte Grube, die Option der Teilprivatisierung müsse man sich jedoch erhalten. Die Bahn sei aber ein integrierter Konzern und werde es auch unter seiner Führung bleiben: "Sie werden nicht erleben, dass ich den Konzern zerschlage!"

Grube sagte, er übernehme ein erfolgreiches Unternehmen. Allerdings habe die Bahn zu lange negative Schlagzeilen gemacht. Damit müsse Schluss sein. Er werde den Mitarbeitern das Gefühl nehmen, sich im Freundeskreis für die Arbeit bei der Bahn entschuldigen zu müssen. "Unser Ziel muss es sein, dass die Bahn eine sympathische Bahn ist."

Formal muss Grube noch vom Aufsichtsrat bestellt werden. Die Gewerkschaften haben ihm bereits ihre Unterstützung zugesagt. Grube kündigte an, dass er seinen Posten als Verwaltungsratsvorsitzender des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS und seinen Vorstandsposten bei Daimler aufgeben wird. "Die Bahn", sagte er, "erfordert meine ganze Kraft."