Künftiger Vorstand verspricht völlige Aufklärung in der Datenaffäre. GDBA und Transnet wollen ihn wählen.

Hamburg. Am Ende der Vorstellung waren alle zufrieden. Die ausgeprägte anfängliche Skepsis vieler Bahngewerkschafter gegenüber ihrem künftigen Chef schien nach seinem gestrigen knapp zweistündigen "Bewerbungsgespräch" wie verflogen. Und der Noch-Daimler-Vorstand Rüdiger Grube (57) hatte eine der wichtigsten Hürden auf dem Weg zu seinem neuen Posten als Bahnchef genommen: Ihm gelang es, das Vertrauen der Gewerkschaftsvorstände von Transnet und GDBA zu gewinnen, die im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn vertreten sind. Sie wollen jetzt bei der Berufung des neuen Bahnchefs auch mit ihren Stimmen für Grube votieren.

Damit dürfte der Aufstieg von Rüdiger Grube, der von der Bundesregierung als Nachfolger von Hartmut Mehdorn ausgewählt wurde, ohne weitere Komplikationen verlaufen. Mehdorn hatte als Konsequenz aus der Datenaffäre Ende März seinen Rücktritt angeboten. Nach Informationen des Abendblatts soll Grube am 1. Mai seinen Posten antreten.

Der Treffpunkt zwischen den rund 100 Gewerkschaftsvertretern aus Haupt- und Bundesvorstand mit ihrem neuen Chef war neutral gewählt. Im Berliner Hotel Maritim stand Grube gestern Mittag Rede und Antwort. "Grube hat sehr offen, glaubwürdig und ehrlich seine Position vertreten. Er hat einen guten Eindruck hinterlassen", sagte der GDBA-Chef Klaus-Dieter Hommel nach dem Gespräch dem Abendblatt.

Besonders erfreulich für die Bahner war, dass ihr neuer Chef in den wesentlichen Punkten auch inhaltlich ihre Auffassungen zur Zukunft der Bahn teilt. So sicherte der designierte Bahnchef den Gewerkschaftern zu, den Datenskandal bei der Deutschen Bahn, bei dem die Konten der Mitarbeiter systematisch abgeglichen wurden, vollständig und umfassend aufzuklären. Grube schrecke auch nicht davor zurück, weitere personelle Konsequenzen zu ziehen, sofern diese erforderlich würden.

Darüber hinaus wolle Grube künftig das Bahnkonzept des "integrierten Konzerns" fortsetzen, wie dies von den Gewerkschaften bevorzugt wird. Dadurch ist nicht nur der bereits ausgehandelte Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2010 akzeptiert. Zugleich bleibt auch der große Arbeitsmarkt für die rund 230 000 Mitarbeiter innerhalb des Konzerns bestehen.

"Zudem sind wir uns einig, das Unternehmen als internationales Unternehmen fortzuführen, allerdings müsse dabei der Hauptmarkt Deutschland im Vordergrund stehen." Der Börsengang der Deutschen Bahn rückt unterdessen selbst für den künftigen Vorstandschef eher in weite Ferne, da der Kapitalmarkt das Geld für eine Privatisierung derzeit nicht hergebe.

Am Ende des Treffens legten die Gewerkschaften Grube ein Memorandum über die Kernpunkte der Bahnzukunft vor. Grube sagte seine Unterschrift zu, wolle diese aber erst dann leisten, wenn er in seiner neuen Position bestätigt sei.

Bereits vergangene Woche hatte sich Grube auch bei der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) vorgestellt, die nicht im Aufsichtsrat des Konzerns vertreten ist. "Mit Rüdiger Grube besteht die Chance für die GDL und ihre Mitglieder zu einem Neubeginn im DB-Konzern", urteilte der GDL-Chef, Claus Weselsky. Insgesamt hofft der GDBA-Chef Hommel, dass sich mit Grube bei der Bahn eine neue Unternehmenskultur etabliere. "Die Bahn muss mit mehr Diplomatie und Fingerspitzengefühl geführt werden. Denn das Unternehmen ist schon heute in vielen Bereichen besser als ihr Ruf", sagte Hommel dem Abendblatt. Der GDBA-Chef fordert vor allem eine Serviceoffensive. "Neben mehr Investitionen in Bahnhöfe und Züge müssen vor allem wieder mehr Arbeitsplätze im Service geschaffen werden. Automaten können keine Menschen ersetzen."