Bauträger und Banken berichten von großem Interesse an Eigenheimen. Experten warnen allerdings vor übereilten Käufen.
Hamburg. Immer niedrigere Zinsen fürs Festgeld und zudem die Furcht, dass wegen der milliardenschweren Konjunkturprogramme die Inflationsrate steigen wird. Um zwischen diesen beiden Trends möglichst ungeschoren davonzukommen, suchen die Verbraucher verstärkt nach Möglichkeiten, ihr Kapital in Sicherheit zu bringen. Diese Sicherheit sehen viele derzeit vor allem in Immobilien. "Die Nachfrage nach Hypothekenkrediten steigt", heißt es nicht nur bei der Hamburger Sparkasse, sondern auch beim bundesweiten Vermittler Interhyp. "Wir beobachten ein großes Interesse der Menschen, sich Eigentum anzuschaffen, aber gleichzeitig spüren wir eine Unsicherheit der Verbraucher über ihre Zukunftsaussichten", sagt Interhyp-Sprecher Christian Kraus mit Blick auf die Finanzmarktkrise.
Dass das Geschäft anzieht, bestätigen auch Hamburger Anbieter dem Abendblatt. "Die Nachfrage hat stark zugenommen", sagt Michael Schättiger, Vertriebsleiter des Anbieters Wulff Hanseatische Bauträger. "Wir haben in den vergangenen beiden Monaten 20 bis 30 Prozent mehr Anfragen und gleichzeitig auch mehr Abschlüsse", so Schättiger, der derzeit Eigentumswohnungen in der Himmelstraße in Winterhude im Angebot hat und Stadthäuser in Marienthal.
"Im Oktober 2008 herrschte wohl wegen der Wirtschaftskrise auf dem Markt so eine Art Schockstarre", sagt Jan Behrendt, geschäftsführender Gesellschafter von Behrendt Wohnungsbau mit Projekten etwa in Bahrenfeld, Uhlenhorst und Barmbek. Doch jetzt zögen die Verkäufe "trotz der vielen schlechten Nachrichten aus der Wirtschaft wieder an". Neben dem Hamburger Spruch, dass beim Immobilienkauf nur "Lage, Lage, Lage" zähle, und dafür auch ein höherer Preis in Kauf genommen werde, beobachtet Behrendt vermehrt Kunden, die auch in durchschnittlichen Lagen kaufen wie etwa in Hamm-Nord, um die Wohnung dann zu vermieten. Dort kostet ein Quadratmeter bei einer 82 Quadratmeter großen Wohnung knapp 2500 Euro, während für den Neubau in Uhlenhorst mindestens doppelt so viel verlangt wird. "Durch den niedrigeren Kaufpreis in Hamm-Nord ist die Rendite für den Erwerber höher", so Behrendt.
Während Schättiger beobachtet hat, dass Berufsgruppen wie etwa Beschäftigte aus der Schifffahrt als Immobilieninteressenten derzeit wegen der Krise ausfallen, verweist Peter Niermann, Geschäftsführer von Garbe Development, auf eine andere Käufergruppe, die stärker auf den Markt drängt. "Die Nachfrage der Kapitalanleger steigt, die ganze Wohnungspakete zur Vermietung kaufen", sagt er. "Hamburg ist bundesweit mit an der Spitze bei der Nachfrage nach neuen Immobilen", bestätigt Andreas Ibl vom Bau-Verein. Dennoch lässt sein Unternehmen, das nicht nur in der Hansestadt aktiv ist, die Neubausparte derzeit ruhen. "Wir haben bereits rund 2500 Wohnungen in der Stadt", so Ibl. "Auch teure Objekte werden wieder nachgefragt", sagt Marc Schauenburg, Geschäftsführender Gesellschafter der Frank-Gruppe in Hamburg. Gerade hat er in der Langen Reihe eine Wohnung für 800 000 Euro verkauft. Insgesamt errichtet Frank dort 31 Einheiten, wobei die meisten bereits den Besitzer gewechselt haben. Die Verbraucherzentrale Hamburg bestätigt den Trend zu Sachwerten. "Unsere Termine für die Immobilienberatung sind fast ausgebucht. Das war nicht immer so", sagt Verbraucherschützer Dirk Scobel.
Auch im Umland zieht das Geschäft an, wie Christoph Manke von Manke Bau sagt. "Selbst junge Familien treten wieder vermehrt als Käufer auf." Kraus von Interhyp warnt vor Leichtsinn. "Wer 80 Prozent des Kaufpreises finanzieren muss, zahlt einen höheren Zinssatz als mit 50 Prozent Eigenkapital." Bei dem derzeit guten Zinssatz von teilweise unter vier Prozent sollten langfristige Finanzierungsverträge abgeschlossen werden. Zwei Prozent Tilgung sollten mindestens veranschlagt werden, damit das Projekt eigenes Zuhause nicht zur Lebensaufgabe wird.