Hartmut Mehdorn ist zurückgetreten. Oder besser: Er musste zurücktreten. Denn ohne den Druck der Bundesregierung hätte der 66-Jährige versucht, auch...

Hartmut Mehdorn ist zurückgetreten. Oder besser: Er musste zurücktreten. Denn ohne den Druck der Bundesregierung hätte der 66-Jährige versucht, auch die Spitzelaffäre beruflich zu überleben. Mehdorn, das Alphatier. Der Ungeduldige. Der Besessene. Der Verfolgte. Er ist nicht über seine berufliche Qualifikation gestolpert - die hat er unbestritten. Sein schwieriger Charakter wurde ihm zum Verhängnis. Am Ende konnte er nicht mehr unterscheiden zwischen Recht und Unrecht. Er wollte sich aus der Verantwortung stehlen für ein unerträgliches und inakzeptables Überwachungssystem, in dem Grundrechte mit Füßen getreten wurden.

Mehdorn hat sich überschätzt. Fast ein Jahrzehnt lang war er der Buhmann der Nation. Weil er eine Aufgabe ausfüllte, die wie die berühmte Quadratur des Kreises anmutet. Die Politik verlangte von ihm, einen maroden Logistikkonzern fit für die Börse zu machen. Die Kunden erwarteten, dass "ihre" Bahn weiter in jedem Dorf hielt - und zwar 365 Tage im Jahr. Mehdorn folgte seinem Arbeitgeber, dem Bund. Er drehte einen Milliardenverlust in einen satten Gewinn. Er strich aus Kostengründen Zigtausende Stellen - aber fast ausnahmslos sozialverträglich. Und der Börsengang, er wäre möglich gewesen - wenn Union und SPD sich rechtzeitig auf ein einheitliches Konzept geeinigt hätten. Mehdorn hatte den Weg für den Kapitalmarkt bereitet - so wie von seinem Arbeitgeber befohlen. Doch am Ende scheiterte er mit seiner Herzensangelegenheit an parteipolitischen Machtspielen.

Dass der Mann, der über sich selbst gesagt hat, er habe nie Diplomat werden wollen, nicht länger Deutschlands wichtigsten Logistikkonzern lenken darf, ist nach dem Spitzelskandal ein notwendiger Schritt gewesen. Als Bahnchef versagt hat Mehdorn dennoch nicht.