Die Gewerkschaften Transnet und GDBA fordern wegen der Datenaffäre den Rücktritt von Bahnchef Hartmut Mehdorn. „Es ist der Punkt erreicht, personelle Konsequenzen zu fordern“, sagte Transnet-Chef Alexander Kirchner in Berlin. Bilder von den Hartmut Mehdorn.

Mehdorn solle die politische Verantwortung für die Datenaffäre übernehmen, auch wenn die rechtliche Bewertung noch nicht abgeschlossen sei.

Zuvor war bekannt geworden, dass die Deutsche Bahn E-Mails von Mitarbeitern überprüft haben soll. Dabei sei gezielt nach Kontakten zu Journalisten und anderen Konzernkritikern gesucht worden, berichteten die "Süddeutsche Zeitung" und "Spiegel Online". Der Aufsichtsrat der Bahn beschäftigte sich am Freitag in Berlin auch mit diesem Thema. Mehdorn will sich noch am Abend in einer Pressekonferenz äußern.

Verkehrs-Staatssekretär Achim Großmann (SPD) sieht die Bahn in einer "ganz schwierigen Situation". "Wenn es so passiert ist, ist es dramatisch", sagte Großmann nach der Aufsichtsratssitzung. Auf die Frage nach der Zukunft von Bahnchef Hartmut Mehdorn antwortete Großmann: "Fragen Sie mich das eher mal nächste Woche." Man solle aber nicht übereilt handeln. Es gebe belastende Hinweise, aber noch keinen endgültigen Bericht.

Der Sonderermittler in der Datenaffäre, Ex-Bundesminister Gerhart Baum (FDP), sagte: "Wir haben die Ergebnisse unserer Untersuchungen vorgestellt, und jetzt müssen andere die Schlussfolgerungen ziehen." Bis Mitte Mai solle die Untersuchung zu Ende geführt werden.

Bei der E-Mail-Suche soll es sich laut "Süddeutscher Zeitung" um eine "großflächige" Aktion gehandelt haben, von der ein größerer Teil der Belegschaft erfasst wurde. Die Wirtschaftsprüfgesellschaft KPMG sowie die ehemaligen Bundesminister Baum und Herta Däubler- Gmelin (SPD), die mit der Untersuchung beauftragt sind, haben demnach zahlreiche Akten ausgewertet und bereits 60 Mitarbeiter des Staatsunternehmens als Zeugen vernommen. Bei diesen Recherchen sei die Suche bei Mitarbeitern der Bahn nach Journalistenkontakten bekanntgeworden. Die Sonderermittler sollen eine Liste jener Journalisten zusammengestellt haben, mit deren Namen intern nach Pressekontakten gefahndet wurde.

Nach Angaben aus Konzernkreisen sollen E-Mails, in denen Namen von bestimmten Journalisten aufgetaucht seien, ohne Wissen der betroffenen Mitarbeiter automatisch an eine interne Kontrollinstanz weitergeleitet worden sein, berichtete die "Süddeutsche Zeitung".

Die Revision der Bahn hat nach "Spiegel"-Informationen im Jahr 2005 die E-Mails sämtlicher Mitarbeiter daraufhin gerastert, ob sie an bestimmte, klar definierte Adressen gesandt wurden. Bei den Empfängern habe es sich durchweg um externe Verkehrsexperten und Bahnkritiker gehandelt, teilweise aus dem Bundestag. Auch Mails an Journalisten seien umgeleitet worden. Die interne Rasterfahndung sei direkt vom Vorstand angeordnet worden, berichtet der "Spiegel".

Die Lokführergewerkschaft GDL hatte zuvor den Verdacht geäußert, dass "möglicherweise E-Mails von GDL-Amtsinhabern und Betriebsräten" im Tarifkonflikt 2007/08 ausgespäht worden sein könnten. Dies sei "momentan noch eine Mutmaßung, es gibt noch keine Erkenntnisse", sagte GDL-Chef Claus Weselsky der "Berliner Zeitung" (Freitag). Auf eine Anfrage von Ende Januar an den Vorstand habe es aber keine konkrete Antwort gegeben. In manchen Streikvorbereitungen habe man das Gefühl gehabt, dass der Arbeitgeber bereits über Strategien und Termine Bescheid wusste, obwohl sie offiziell erst kurzfristig bekanntgegeben worden seien.