Adolf Merckle hatte Angst um sein Firmen-Imperium. Die “Ohnmacht, nicht mehr handeln zu können“, habe ihn gebrochen, sagt seine Familie.

Hamburg/Ulm. Aus Verzweiflung über den drohenden Zusammenbruch seines Firmenimperiums mit gut 100 000 Beschäftigten und mehr als 30 Milliarden Euro Umsatz hat sich der schwäbische Großindustrielle Adolf Merckle das Leben genommen. Der 74-Jährige warf sich in der Nähe seines Heimatortes Blaubeuren-Weiler bei Ulm vor einen Zug und war sofort tot. Merckle hatte immense finanzielle Schwierigkeiten, weil er unter anderem bei spekulativen Geschäften mit VW-Aktien einen dreistelligen Millionenbetrag verloren hatte. Zudem büßten seine Firmen durch die Finanzmarktkrise immens an Wert ein.

In einem Abschiedsbrief soll sich Merckle laut "spiegel.de" für seinen Schritt entschuldigt, aber keine konkreten Gründe genannt haben. Die Angehörigen erklärten in einer offiziellen Stellungnahme: "Die durch die Finanzkrise verursachte wirtschaftliche Notlage seiner Firmen und die damit verbundenen Unsicherheiten der letzten Wochen sowie die Ohnmacht, nicht mehr handeln zu können, haben den leidenschaftlichen Familienunternehmer gebrochen." Merckle hinterlässt seine Frau Ruth und vier Kinder. Der Unternehmer, zu dessen Imperium unter anderem der Arzneimittelhersteller Ratiopharm und der Baustoffhersteller HeidelbergCement gehören, galt als fünftreichster Mann Deutschlands.

Zuletzt hatte es wochenlange zähe Verhandlungen mit Merckles Gläubigerbanken über einen Überbrückungskredit von 400 Millionen Euro gegeben. Im Gegenzug sollte Merckle die Kontrolle über wichtige Teile seines Unternehmensgeflechts abgeben. Die baden-württembergische Landesregierung hatte eine Bürgschaft für Merckle abgelehnt.

Gestern zeigte sich Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) erschüttert und würdigte Merckle als "große Unternehmerpersönlichkeit". Die Vermögensgesellschaft VEM von Adolf Merckle teilte mit, sein Tod habe "keine Auswirkungen auf den weiteren Sanierungsprozess".