Hamburg. Abendblatt:

Es heißt, Opel holt sich bereits Insolvenzexperten ins Haus. Auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat gefordert, Opel solle eine Insolvenz prüfen.

Rainer Einenkel:

Die Insolvenz wäre eine furchtbare Entscheidung. Ich halte das für eine dumme und törichte Diskussion. Selbst wenn wir über eine taktische Insolvenz sprechen, aus der Opel bereinigt hervorgehen soll. Die Menschen draußen werden sich dann lange überlegen, ob sie sich einen Opel kaufen. Sie werden beispielsweise bezweifeln, ob dann die Garantien für ihr Auto noch gelten.



Abendblatt:

Und wie würde sich eine Insolvenz intern auswirken?

Einenkel:

Die Pläne zur Neuaufstellung würden drastische Einschnitte für Mitarbeiter mit sich bringen. Schließlich würde nicht mehr die Unternehmensleitung die Entscheidungen treffen, sondern der Insolvenzverwalter. Wie brutal sich das auswirken kann, sieht man ja an anderen insolventen Unternehmen.



Abendblatt:

Zweifel an einer Rettung für Opel kamen auch deshalb auf, weil GM sich angeblich alle Patente gesichert haben soll. Damit würde das geistige Eigentum von Opel komplett bei den Amerikanern liegen, ein Problem, besonders bei einem Hochtechnologieprodukt wie einem Auto. ..

Einenkel:

Patentrechtlich und bei Finanzströmen sind wir natürlich mit General Motors verflochten. Deshalb wäre es auch unmöglich, ab sofort alle Verbindungen zu GM zu kappen. So bekommen wir in Bochum beispielsweise von GM Motoren und Getriebe. Dafür liefern wir Getriebe nach Brasilien für die Chevrolets von GM. Dennoch darf GM nicht die Mehrheit an Opel behalten.



Abendblatt:

Sie sind nicht mehr gut auf die Amerikaner zu sprechen, die Ihnen nach dem Krieg das Überleben gesichert haben?

Einenkel:

Nein, wir bei Opel bauen die besseren Autos. Unsere Modelle wären auch besser für den amerikanischen Markt. GM hat uns ja damals auch nicht aus Nächstenliebe gekauft. Und im Übrigen: Wenn es Beziehungsprobleme gibt, muss eine Ehe eben geschieden werden.



Abendblatt:

Die Bundesregierung hat kritisiert, dass Ihr Konzept, dass Sie gemeinsam mit anderen Aufsichtsräten erarbeitet haben, für die Entscheidung über Hilfen unzureichend ist.

Einenkel:

Das ist eine eigenartige Kritik. Wir haben im Aufsichtsrat ein Rahmenkonzept beschlossen. Jetzt müssen alle anderen, zum Beispiel die beteiligten Länder, ihre Fragen stellen. Das ist doch ein normaler Vorgang, dass man diskutiert und nachfragt. Einige Fragen muss auch GM noch beantworten. In der Diskussion der Bundesregierung dürfte aber auch eine Rolle spielen, dass sie noch gar nicht weiß, ob sie uns überhaupt unterstützen will.



Abendblatt:

Es gibt auch außerhalb der Politik viele Kritiker...

Einenkel:

Ja, etliche Mittelständler melden sich und fragen, warum Opel und nicht wir? In unserem Fall muss man aber einfach sehen, dass bei Opel nicht nur Tausende Mitarbeiter, sondern auch die Zulieferindustrie ebenfalls mit kleineren Firmen betroffen wäre. Für eine Heuchelei halte ich die Kritik von VW-Chef Martin Winterkorn, der gefordert hat, der Staat solle sich bei Opel raushalten. Dabei ist VW selber mit der Beteiligung des Landes Niedersachsen gut gefahren.



Abendblatt:

Die Gegner eines staatlich gestützten Rettungsplans für Opel kritisieren, dass Sie zu wenig Innovationen bieten. Fehlt die "Story", von der man an der Börse immer spricht?

Einenkel:

Nein. Beispiel Bochum. Wir haben uns für den Bau des neuen Opel Ampera beworben. Das ist das neue Hybridfahrzeug, das auf der Plattform des Opel Astra entstehen soll. Gemeinsam mit der Energiewirtschaft, der Universität und der flexiblen Belegschaft im Werk Bochum hätten wir beste Voraussetzungen für dieses Projekt. Und es wäre auch ein tolles Signal für dieses Land.



Abendblatt:

Ist Opel allein denn überlebensfähig? Sie produzieren weniger als 1,5 Millionen Fahrzeuge - Experten schätzen, dass wegen der hohen Entwicklungskosten in Ihrer Branche allein nur die Firmen überleben können, die mehr als fünf Millionen Autos im Jahr bauen.

Einenkel:

Opel allein wäre wohl etwas zu klein. Wir plädieren deshalb dafür, dass die anderen europäischen Werke von GM Bestandteil der neuen Opel-Gruppe werden. Und dass etwa auch die anderen GM-Marken Chevrolet und Vauxhall in Europa gebaut werden. Außerdem gibt es in der Autoindustrie derzeit so viele Gespräche über Zusammenarbeit. Wir würden doch hervorragend zu einem Hersteller passen, der bisher den Massenmarkt, mit Fahrzeugen für die ganz normalen Menschen, noch nicht ausreichend abdeckt.