Adolf B. hat vom einvernehmlichen Sex mit seiner Tochter gesprochen. Doch das Opfer Renate B. hat jetzt ihr Martyrium persönlich geschildert.
Nürnberg/Willmersbach. Im Willmersbacher Inzest-Prozess hat die Tochter des Angeklagten am Dienstag den jahrelangen sexuellen Missbrauch durch ihren Vater geschildert. In ihrer dreistündigen Befragung vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth bestätigte die hagere Frau mit den kurzen, dunkelroten Haaren alle in der Anklage vorgebrachten Vorwürfe gegen den 69-Jährigen. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit erzählte Renate B., erstmals im Alter von 12 oder 13 Jahren von Adolf B. mit Schlägen zum Geschlechtsverkehr gezwungen worden zu sein, wie Justizpressesprecher Thomas Koch zusammenfasste.
Die 46-jährige Frau habe ausgesagt, von ihrem Vater bis kurz vor seiner Festnahme im März 2011 regelmäßig missbraucht und dabei auch geschlagen und mit einem Messer bedroht worden zu sein. Er habe ihr damit gedroht, sie umzubringen, wenn sie die sexuellen Übergriffe jemandem verrate. Deshalb habe sie das Martyrium mehr als 34 Jahre lang über sich ergehen lassen. Andernfalls "wäre der Teufel los gewesen", soll sie gesagt haben.
Sie habe auch keine Möglichkeit gesehen, sich anderen anzuvertrauen, da ihr Vater sie kontrolliert habe. Erst, als ihr wegen eines Vergehens eine Bewährungshelferin zur Seite gestellt worden sei, habe sie die Chance ergriffen und sich offenbart.
Die Staatsanwaltschaft wirft Adolf B. vor, seine Tochter von 1977 oder 1978 an im Schlaf- und Kinderzimmer oder im Pkw regelmäßig vergewaltigt zu haben. Von ihm bekam Renate B. drei behinderte Söhne, von denen zwei bereits als Kleinkinder starben. Angeklagt sind 497 Fälle von Vergewaltigung - jene Taten, zu denen es nach März 1991 gekommen sein soll und die daher noch nicht verjährt sind. Angeklagt sind zudem 68 Inzest-Fälle. Hier beträgt die Verjährungsfrist nur fünf Jahre.
Der Missbrauch durch ihren Vater sei in ihrer Familie bekannt gewesen, sagte die 46-Jährige laut Koch. Beim ersten Geschlechtsverkehr im elterlichen Schlafzimmer sei sogar die Mutter anwesend gewesen. Niemand habe ihr geholfen, auch ihre vier Brüder nicht.
Koch beschrieb Renate B. während ihrer Aussage als gefasst und ohne sichtbare Emotionen. Sie habe ihren Vater, der mehrere Meter von ihr entfernt gesessen habe, nicht angesehen. Dieser habe sie indes fortwährend beobachtet. Mit ihrer Einlassung sei er sichtbar nicht einverstanden gewesen. Einmal habe er auch dazwischen gerufen.
Zum Prozessauftakt vor einer Woche hatte der 69-Jährige die sexuellen Kontakte zu seiner Tochter zugegeben, aber von einvernehmlichem Geschlechtsverkehr gesprochen . Er sagte aus, dass die Initiative zum gemeinsamen Sex fast immer von seiner Tochter ausgegangen sei. So auch beim ersten Mal, als Renate schon knapp 17 Jahre alt gewesen sei.
Der Prozess wird mit den Aussagen von Gutachtern und Zeugen fortgesetzt. Ein Urteil ist für den 19. Dezember vorgesehen.