Adolf B. hat zwar häufige und jahrelange sexuelle Kontakte zu seiner Tochter zugegeben. Der Sex sei aber immer einvernehmlich gewesen.
Nürnberg/Willmersbach. Manchmal blitzt sie auf, die Unbeherrschtheit von Adolf B. Dann hebt der schmächtige, weißhaarige, in sich zusammengesunkene Mann, der mit einem gebrochenen Fuß im Rollstuhl sitzt, plötzlich seine Stimme und wird ungehalten und grob. Seit Montag muss sich der 69-Jährige wegen 497-facher Vergewaltigung seiner Tochter und Inzests vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth verantworten. An den Vorwürfen des Missbrauchs sei "nix" dran, behauptet der Angeklagte immer wieder. Seine Tochter habe gern Sex mit ihm gehabt.
Laut Anklage soll der Rentner aus dem mittelfränkischen Willmersbach im Landkreis Neustadt an der Aisch/Bad Windsheim, der weder lesen noch schreiben kann, seine heute 46 Jahre alte Tochter Renate erstmals vor 34 Jahren mit Schlägen zum Geschlechtsverkehr gezwungen haben. Es folgte ein jahrzehntelanges Martyrium, in dessen Verlauf der Vater seine Tochter mehrmals im Monat im Schlaf- oder Kinderzimmer und - als sie 1987 den Führerschein gemacht hatte - auch auf Wald- und Feldwegen im Auto missbraucht haben soll.
Drei behinderte Söhne gingen aus dieser Beziehung hervor, zwei davon starben früh. Angeklagt wurden nur die nicht verjährten Fälle von 1991 an.
Obwohl das Dorf den Inzest lange vermutete, kam der Fall erst ans Tageslicht, als Renate B. selbst Anzeige erstattete: Sie hatte die Frau eines Arztes zu erpressen versucht, den sie für den Tod eines ihrer Söhne verantwortlich machte, und wurde dafür zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Anfang des Jahres vertraute sie sich schließlich ihrer Bewährungshelferin an. Seither sitzt Adolf B. in Untersuchungshaft.
Zum Auftakt der auf sechs Tage angesetzten Verhandlung macht er keinen Hehl aus den jahrelangen und regelmäßigen sexuellen Kontakten zu seiner Tochter. Er spricht allerdings von einvernehmlichem Geschlechtsverkehr und streitet jede Form der Gewaltanwendung ab.
"Nie im Leben" habe er sein "Madla" bedroht, geschlagen oder an den Haaren gezogen, wie in der Anklage behauptet, beteuert er. Die Initiative zum Geschlechtsverkehr sei vielmehr von der Tochter ausgegangen. "Der hat es auch gepasst", sagt er.
Auch beim ersten Mal, im Sommer 1982, als sie bereits 16 oder 17 Jahre alt gewesen sei, sei sie freiwillig mit ihm ins elterliche Schlafzimmer gegangen, wo sie sich gegenseitig "abgebusselt", bis aufs Unterhemd jeder für sich entkleidet und "es dann probiert" hätten.
Beinahe jeden Halbsatz lässt sich Adolf B. bei seiner Einlassung aus der Nase ziehen. Einfachste Begriffe müssen ihm erklärt werden. Er wirkt überfordert und muss sich von seinem Anwalt die meisten Fragen wiederholen oder erläutern lassen.
Auf Vorhaltungen des Gerichts antwortet er häufig mit einem brüsken "Na, nix". Dass die drei Kinder von ihm sind, will er nicht einmal geahnt haben. Er habe doch nicht gewusst, mit wem seine Tochter sonst noch rumgemacht habe, sagt er.
Warum er überhaupt ein Verhältnis mit seiner eigenen Tochter angefangen habe, obwohl er verheiratet ist, kann Adolf B. nicht sagen. "Ich wollte nicht unbedingt, aber Renate", gibt er an. Dass so etwas verboten ist, war ihm allerdings klar. "Das weiß ich hundertprozentig", platzt es aus ihm heraus. "Mein Lebtag mach ich das nicht mehr".
Der Prozess wird am 6. Dezember mit der Aussage von Renate B. fortgesetzt. Ein Urteil wird für den 19. Dezember erwartet.