Die Polizei habe die Anweisung gegeben, alle Schleusen vor dem Tunnel zu öffnen. Jetzt erlag das 20. Opfer seinen Verletzungen.
Duisburg. Die Tragödie bei der Duisburger Loveparade könnte nach Einschätzung von Loveparade-Chef Rainer Schaller durch eine verhängnisvolle Anweisung der Polizei ausgelöst worden sein. Am Montagabend äußerte er sich erstmals ausführlich zu dem Unglück. „Die Einsatzleitung der Polizei hat die Anweisung gegeben, alle Schleusen vor dem westlichen Tunneleingang an der Düsseldorfer Straße zu öffnen“, sagte der 41-Jährige.
Zuvor hätten die Veranstalter 10 der 16 Schleusen geschlossen gehalten, weil bereits eine Überfüllung des Tunnels drohte. Dann aber sei der Hauptstrom der Besucher wegen der Polizeianweisung unkontrolliert in den Tunnel geströmt. Warum die Polizei diese Anweisung gegeben habe, wisse er nicht, sagte Schaller. „Für den Fall der Überfüllung sollten die Schleusen geschlossen werden.“
Der Gründer der Fitness-Kette McFit widersprach vehement, dass aus Profitgier Sicherheitsbedenken hinten angestellt worden wären. „Wir haben nie Druck auf eine Herabsetzung der Sicherheit ausgeübt. Nach derzeitigem Stand haben wir sämtliche Auflagen erfüllt. Das gesamte Konzept war in jedem Punkt in wöchentlichen Sitzungen mit Polizei, Feuerwehr und Stadt abgestimmt“, sagte der 41-Jährige. „Wir haben niemals an der Loveparade Geld verdient – das war auch nicht unser Ziel“, sagte ein sichtlich mitgenommener „Mr. Loveparade“.
So sei die Einzäunung des Geländes von den Behörden aus Sicherheitsgründen verlangt worden, nicht etwa um den Getränkeverkauf in eigener Hand zu behalten. „Wir haben ungern eingezäunt.“ Alle Einzelheiten seien „von den Behörden abgenickt oder vorgegeben worden“. Auf die Frage, ob der Tunnel als einziger Zugang nicht ungeeignet war, sagte der Unternehmer: „Alle Behörden haben die Eingangssituation abgenickt, sonst hätten wir das nicht gemacht.“ Der Tunnel sei als einziger Zugang „extrem intensiv geprüft und die Genehmigung erteilt worden“.
Warum sich ein Pfropfen aus Menschen gebildet habe, wisse er derzeit noch nicht. Die Auswertung des Videomaterials und die Rücksprache mit den 2000 Mitarbeitern der Großveranstaltung laufe auf Hochtouren. An einer Überfüllung des Geländes habe es jedenfalls nicht gelegen, das lasse sich beweisen: „Das Gelände war zu dem Zeitpunkt zu 75 Prozent ausgelastet. Es waren etwa 187.000 auf den Gelände.“
„Als Veranstalter haben wir eine große Verantwortung und es tut mir unglaublich leid. Ich bin erschüttert und fassungslos.“ Von einer Warnung des Panikforschers Michael Schreckenberg habe er persönlich nichts erfahren, sagte Schaller. Auf der Loveparade-Webseite könnten Angehörige und überlebende Opfer Hilfe bekommen. „Wir stellen Psychologen und Seelsorger zur Verfügung.“
Die Polizei Dusiburg teilte unterdessen mit, dass es ein 20. Todesopfer gibt: Eine 21-Jährige Fru erlag im Krankenhaus ihren schweren Verletzungen.
Loveparade erst am Sonnabend genehmigt
Nach einem Zeitungsbericht ist die Loveparade erst kurz vor ihrem Beginn von der Stadt genehmigt worden. Nach Informationen der „Kölnischen Rundschau“ (Dienstag) aus Kreisen der Polizei soll der Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) die ordnungsbehördliche Erlaubnis erst am Sonnabendmorgen um 9 Uhr erteilt haben. Noch am Freitag soll dem Bericht zufolge in verschiedenen Sitzungen über das Sicherheitskonzept debattiert worden sein. Dabei sollen die Duisburger Berufsfeuerwehr und Polizisten nochmals deutlich gemacht haben, dass die Großveranstaltung so nicht stattfinden könne.
Am Freitag sei die Loveparade noch nicht abgesegnet worden. Am Sonnabend hätte dann eine Entscheidung gefällt werden müssen, sagte ein Beamter der Zeitung. Es sei den Verantwortlichen dann keine andere Wahl mehr geblieben, als ihr Einverständnis zu geben. Schließlich seien schon Tausende auf der Anreise gewesen, berichtete zudem ein Mitarbeiter aus dem erweiterten Organisatorenbereich der Zeitung.
Nach Auskunft von erfahrenen Polizisten sei es jedoch üblich, dass bei Großveranstaltungen schon Wochen oder Monate vorher die ordnungsbehördliche Erlaubnis unterschrieben werde. Ein Polizist, der dem Zeitungsbericht zufolge seit vielen Jahren große Veranstaltungen in einer Millionenstadt federführend betreut habe, habe gesagt, er hätte so etwas in den vergangenen 30 Jahren noch nicht erlebt.
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