Street-View-Autos registrieren auch WLAN-Nutzer. Die Bundesbehörde ist entsetzt. Aber wozu nutzt der Internetkonzern die Informationen?
Hamburg. Kaum sind die Proteste leiser geworden gegen Google und seine Kamera-Fahrzeuge, die die Straßen der Republik aus der Menschenperspektive abfilmen, sorgen neue Details über die Aktion für Aufregung. Die Fahrzeuge hatten und haben neben Kameras und Satelliten-Navigationsgeräten (GPS) auch WLAN-Scanner an Bord. WLAN (Wireless Local Area Network) heißt übersetzt "drahtloses lokales Netzwerk" und bezeichnet ein örtliches Funknetz.
Im Vorbeifahren erfassen die Fahrzeuge alle nahen drahtlosen Funknetze, mit denen Firmen und Privatpersonen sich das Internet im ganzen Haus zugänglich machen. Google holt sich Daten quasi aus den Wohnzimmern.
In Kombination mit GPS lässt sich so eine Karte drahtloser Netze in der Stadt erstellen, mit diversen Details - doch wozu?
"Ich bin entsetzt, zu welchen Zwecken diese Fahrten ohne Wissen Dritter genutzt worden sind. Ich fordere Google auf, die bisher rechtswidrig erhobenen personenbezogenen Daten über die WLAN-Netze umgehend zu löschen und die Fahrten für Street View zu stoppen", sagt Peter Schaar, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Ein WLAN-Scanner erkennt nicht nur die Lage und den Verschlüsselungszustand drahtloser Netze, sondern auch die sogenannte MAC-Adresse des WLAN-Gerätes - dessen eindeutige Seriennummer.
Außerdem sieht er den vom Benutzer vergebenen Namen des Netzwerkes (SSID), wobei viele einfach ihren eigenen Klarnamen nutzen, etwa "Meier-WLAN" oder "FirmaSchmidt". Das hilft beim Zuordnen eines Netzes, wenn das Gerät etwa im Mehrfamilienhaus steht. Neben Google gibt es bereits andere Firmen, welche die Daten von WLAN-Netzen sammeln: Vor allem in Großstädten helfen sie, die Position von Smartphones besser zu bestimmen. Ansonsten könnte eine solche Karte kriminellen Zwecken dienen: Schwarz-Surfer hätten es leichter, wenn sie kostenlos in unverschlüsselten Netzen mitsurfen, ebenso Datenspione, die sich beim Knacken eines Funknetz-Zugangs Vorarbeit sparen können.
Google-Sprecherin Lena Wagner versteht die Aufregung nicht und weist die Vorwürfe zurück. "Das ist nichts Neues", sagte sie und solche WLAN-Daten habe Google bisher eingekauft. "Wenn die Autos schon unterwegs sind, können wir diese Daten auch selbst erfassen". Die Erfassung sei rechtmäßig, erklärt sie. Zudem würden die gesammelten Daten nur in der Masse und anonymisiert genutzt, ausschließlich zur WLAN-gestützten Ortung.
Da ist Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar ganz anderer Meinung, unter demgesichtspunkt des Datenschutzes sei das Vorgehen nach gegenwärtiger Erkenntnis rechtswidrig.
Obendrein ist Caspar irritiert, dass die WLAN-Aktivitäten nur durch einen Zufall herausgekommen sind - nachdem die Datenschützer viele Monate lang über das gesamte Projekt verhandelt hatten: "Zu keiner Zeit war dieses Scannen Gegenstand der geführten Gespräche über Google Street View", betont er. Und obwohl Google-Sprecher nun sagten, man habe nie ein Geheimnis aus WLAN-Erfassung gemacht, habe die Firma doch seit vorigem Donnerstag kaum für Klärung gesorgt. Dass die erhobenen WLAN-Daten sich schnell verändern, glaubt Caspar nicht. Deshalb rät er für alle Funknetze: "Keine Klarnamen benutzen und eine möglichst hohe Verschlüsselung einstellen". Wer seinen WLAN-Router dann auch noch ausschaltet, wenn er nicht surft, ist für sämtliche Google-Fahrzeuge unsichtbar.