Für Deutschland soll laut Ministerin Ilse Aigner ein strengerer Datenschutz gelten. Google wies die Kritik zurück.

Berlin. Für die Internet- Straßenkarte „Google Street View“ soll in Deutschland ein strengerer Datenschutz gelten als in anderen Ländern, erklärte Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) am Dienstag in Berlin. Der Internet-Konzern, der am selben Tag in der Hauptstadt seinen geplanten Geodienst präsentierte, wies die Kritik an dem flächendeckenden Fotografieren ganzer Straßenzüge zurück. Google habe bereits zahlreiche Zugeständnisse gemacht, die es so in anderen europäischen Ländern nicht gebe. „Wir nehmen den Datenschutz sehr ernst“, sagte der Leiter der Google-Rechtsabteilung, Arnd Haller. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar forderte, die Daten- Sammelwut des Internetriesen generell auf den Prüfstand zu stellen.

Aigner will engere gesetzliche Grenzen für das Abfotografieren von Straßen und Häusern. Dafür liefen Gespräche mit dem Justizministerium. „Konkret erwarte ich von Google, dass die Zusage eingehalten wird, sämtliche Widersprüche zu berücksichtigen, und zwar bevor der Dienst im Netz veröffentlicht wird.“ Zudem forderte Aigner, die maximale Aufnahmehöhe auf 1,80 Meter zu begrenzen. Derzeit ist die Kamera, die Google durch die Straßen fahren lässt, auf 2,50 Meter montiert. Damit ragt sie beispielsweise über Gartenzäune oder Mauern.

„Ich kann mir anhand von solchen Diensten anschauen, wo und wie jemand lebt, welche privaten Vorlieben er oder sie hat, wie seine Haustür gesichert ist oder welche Vorhänge an den Fenstern sind – und das ist noch das Wenigste“, sagte Aigner. Damit werde das Private ohne Schutzmöglichkeiten an die globale Öffentlichkeit gezerrt. Daher müsse schnell nachgebessert werden. Der umstrittene Google-Dienst für Deutschland soll im Laufe des Jahres freigeschaltet werden.

Google entgegnete, in Deutschland den Bedenken von Datenschützern schon deutlich entgegengekommen zu sein. So sei ein Widerspruch gegen eine geplante Veröffentlichung bereits möglich, bevor die Bilder im Netz stehen. Zudem hat Google zugestimmt, dass nach der Verfremdung der Aufnahmen für das Internet die Originaldaten gelöscht werden.

Der oberste Datenschützer Schaar sagte der Deutschen Presse- Agentur dpa, die Debatte kratze nur an der Spitze des Eisbergs. „Google Street View ist für mich nur ein Baustein von vielen. Die ganzen anderen Google-Dienste sind auch wichtige Baustellen. Vor allem geht es dabei um die Verknüpfbarkeit persönlicher Daten und nicht so sehr um die Frage, ob ein Kfz-Kennzeichen gepixelt wird oder nicht.“ Google müsse datenschutz- und kartellrechtlich überprüft werden, da ein Missbrauch der Marktmacht nicht auszuschließen sei. Notfalls müsse der Konzern zerteilt werden. Der für Google zuständige Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar hatte für den Geo-Dienst einen 13-Punkte-Katalog mit Forderungen aufgestellt. Bislang sei man zufrieden mit Googles Nacharbeiten, sagte Helga Naujoks von der Datenschutzbehörde. Geplant sei, dass alle Punkte bis zur Veröffentlichung erfüllt sind.

Rückendeckung erhielt Google in Berlin auch von einem Rechtsexperten. Aigners Argument, Street View verletze massenhaft die Privatsphäre der Nutzer, sei vom rechtlichen Standpunkt aus „schwer vertretbar“, sagte Nikolaus Forgó, Leiter des Instituts für Rechtsinformatik der Leibniz Universität Hannover. Denn Ziel des Dienstes seien öffentliche Plätze, Straßen und Häuser, nicht aber die abgebildeten Personen selbst, die ohnehin wie auch die Kfz- Kennzeichen von Google unkenntlich gemacht werden. Für „Street View“ fotografieren Mitarbeiter von Google bei ihren Fahrten mit speziell ausgerüsteten Autos oder Fahrrädern die Straßen und Häuser für das Internet. Die Ansicht ermöglicht anders als bei einer normalen Karte virtuelle Spaziergänge am Computer und eine 360- Grad-Perspektive.