Die Atomruine in Fukushima ist auch nach zwei Monaten nicht unter Kontrolle. Noch immer tritt Radioaktivität aus. Experten warnen vor hohen Risiken.
Tokio. Zwei Monate nach dem Erdbeben und dem Tsunami in Japan ist die Gefahr einer weiteren Kernschmelze im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi nicht gebannt. Der Betreiber Tepco sieht sich jedoch auf dem Weg zur Lösung der Krise. Die bisher erzielten Fortschritte variierten aber je nach Reaktor, räumte ein Vertreter des Konzerns am Mittwoch nach Angaben der Nachrichtenagentur Jiji Press. Laut Greenpeace birgt die geplante Flutung des Atomreaktors 1 hohe Risiken. „Die strahlende Atomruine in Fukushima ist noch lange nicht unter Kontrolle“, sagte Greenpeace-Experte Christoph von Lieven. Die Regierung kündigte an, das Tepco-Management zehn Jahre überwachen zu wollen.
In die Betonhülle um den Reaktordruckbehälter sollten 7400 Tonnen Frischwasser eingeleitet werden. Nach einem Gutachten des Londoner Ingenieurbüros Large Associates könne dabei der Sicherheitsbehälter brechen, teilte die Umweltschutzorganisation mit. Unterdessen versuchen die Reparaturtrupps im AKW Fukushima weiter, die Reaktoren zu kühlen. Das Kraftwerk war bei dem Erdbeben und dem Tsunami am 11. März stark beschädigt worden.
Tepco hatte am 17. April einen Krisenplan vorgelegt, wonach die Lage in den Reaktoren in sechs bis neun Monaten stabilisiert sein soll. Die Arbeiter sind derzeit weiter radioaktiver Strahlung ausgesetzt. So seien Arbeiter, die das Reaktorgebäude Nummer 1 betreten hätten, um Messgeräte zu justieren und Verbindungsrohre zu überprüfen, einer radioaktiven Belastung von 0,64 bis 8,72 Millisievert ausgesetzt gewesen, gab Tepco am Mittwoch bekannt. Die Arbeiten waren nötig, um ein Ersatzkühlsystem zu installieren. Zudem seien Einstellungen an einem Druckanzeigegerät des Reaktorbehälters vorgenommen worden.
Experten warnen vor undichten Stellen in Reaktor 1. Tepco sei es bisher nicht gelungen, die Position der Lecks zu orten und zu klären, ob sie die Sicherheit des Betonmantels beeinträchtigen, kritisierte Greenpeace. In einer Studie habe auch die amerikanische Atomaufsicht vor Gefahren gewarnt, die durch große Wassermassen in den Sicherheitsbehältern entstehen. Die Sicherheitsbehälter könnten demnach bersten, wenn es zu Erderschütterungen kommt. Nach Angaben von Tepco kommen die Arbeiten im Reaktor 1 jedoch relativ gut voran.
Bisher sei jedoch niemand in der Lage gewesen, das Gebäude des Reaktors 2 zu betreten, berichtete Jiji Press weiter. Die Arbeiten am Reaktor 2, einschließlich des Abpumpens von verstrahltem Kühlwasser, lägen hinter dem Zeitplan. Tepco entschuldigte sich erneut dafür, dass noch immer zigtausende von Anwohnern in Notlagern hausen müssen.
Unterdessen reiste Kaiser Akihito am Mittwoch mit seiner Gemahlin, Kaiserin Michiko, in die Unglücksprovinz Fukushima, um den Überlebenden Trost zu spenden und Mut zu machen. Nach Angaben des Haushofamts überreichten sie dem Gouverneur der Provinz Trostgelder aus ihren eigenen Mitteln. Damit ist das Monarchenpaar bereits zum fünften Mal in die Unglücksregion gereist, um den Opfern beizustehen.
Die Regierung will voraussichtlich noch an diesem Freitag über einen Gesetzesentwurf für den Wiederaufbau der Region entscheiden. Zudem erwägt die Regierung, das Kabinett um drei weitere Mitglieder aufzustocken, um die Bemühungen zur Bewältigung der Katastrophe zu beschleunigen. Dazu bedarf es einer Gesetzesänderung. Um die horrenden Entschädigungszahlungen zu stemmen und die Versorgung mit Strom aufrechtzuerhalten, ist der Staat bereit, den Betreiber der Atomruine Fukushima mit Staatshilfe am Leben zu halten. Dafür erklärte sich Tepco bereit, drastisch die Kosten zu senken. Außerdem darf das Unternehmen für die Zahlung von Entschädigung an die Opfer der Katastrophe nicht schon im Voraus Höchstgrenzen festsetzen.