Michelle Martin war die Komplizin und Ehefrau des Kinderschänders Marc Dutroux. Nach 15 Jahren Haft hat sie vorzeitige Freilassung beantragt.
Brüssel. Die inhaftierte Ex-Frau und Komplizin des belgischen Kinderschänders Marc Dutroux, Michelle Martin, soll nach Anordnung der Justiz am Dienstag vorzeitig freikommen. Eine Strafkammer des Gerichtes im wallonischen Mons verfügte am Montag die Freilassung nach knapp 15 Jahren Gefängnis, berichtete der Fernsehsender RTL-TVI. Die Staatsanwaltschaft will demnach noch am Montag entscheiden, ob sie Einspruch gegen die Entscheidung einlegt. „Ich nehme die Entscheidung zur Kenntnis. Wir werden sehen, ob es Gründe gibt, um in Revision zu gehen“, sagte Belgiens Justizminister Stefaan De Clerck im Fernsehen.
In einem der spektakulärsten Kriminalfälle der letzten Jahrzehnte war Martin am selben Tag wie Dutroux im Sommer 1996 festgenommen worden. Es ging um die Entführung, Gefangenschaft und Vergewaltigung von sechs Mädchen und jungen Frauen und um den Tod von dreien von ihnen. Dutroux wurde, auch wegen des Mordes an einem mutmaßlichen weiteren Komplizen, zu lebenslanger Haft ohne die Möglichkeit vorzeitiger Freilassung verurteilt.
Martin wurde 2004 zu 30 Jahren Haft verurteilt, weil sie Opfer eingesperrt hatte und für zwei Todesfälle mitverantwortlich war: die beiden jungen Mädchen waren in ihrem Kellerverlies verhungert. Nach belgischem Recht kann die Strafe nach einem Drittel der zu verbüßenden Zeit zur Bewährung ausgesetzt werden; Martin hatte dies nach Angaben von RTL-TVI vergangene Woche bereits zum vierten Mal beantragt. „Es ist immerhin die Mörderin meines Mädchens. Fünfzehn Jahre, das kommt mir wenig vor. Man läßt irgendwo ein Monster ins Freie“, reagierte der Vater eines der Opfer.
Ein Anwalt, der die Eltern von Eefje Lambrecks (19) vertritt, deren Leiche in Dutroux' Garten gefunden wurde, sagte, die Familie sei „enttäuscht“ über die vorzeitige Freilassung: „In einem Fall dieser Art ist es zu schnell, wenn man nach Verbüßung der halben Strafe schon wieder auf freien Fuß kommt.“ Thierry Bayet, Anwalt von Michelle Martin, sagte hingegen, ein Einspruch der Staatsanwaltschaft gegen die Haftentlassung sei nur möglich, sofern es einen Rechtsfehler gegeben habe. Es sei nicht sicher, dass die Resozialisierung der Frau glücke: „Wie bei jedem Häftling ist das eine Herausforderung.“